Das Wichtigste in Kürze
Europaische Mobilfunkmarkte sind zweistufige Markte, die aus einer Infrastruktur (dem
Netz und seinen Komponenten) und dem Dienstemarkt (Telefonie, mobiles Internet,
SMS) bestehen. Im Gegensatz zu sehr vielen anderen netzbasierten Markten existieren
in allen nationalen Markten mehrere vollintegrierte Anbieter, die sowohl über ein eigenes
Netz verfügen als auch Dienste auf diesem Netz anbieten. Der Umsatzanteil alterna-
tiver Anbieter, die nur Dienste anbieten, ist kontinuierlichen Marktuntersuchungen der
Europaischen Kommission zufolge sehr gering (weniger als 10 Prozent bisher).
Ich konzentriere mich auf die vollstandig vertikal integrierten Mobilfunknetzbetreiber
und untersuche in diesem Papier die Auswirkung von Investitionen auf die geforderten
Groβhandelsgebühren für Anrufe des Investors und der Wettbewerber zu einem anderen
Anbieter und auf den Verkehr zwischen dem Netz des Investors und denen alternativer
Anbieter. Investiert ein Netzbetreiber in sein Netz, um die Kosten des Diensteangebots
zu senken (oder die Qualitat zu erhohen), wirkt sich dies unmittelbar auf sein eigenes
Diensteangebot und seine Preise aus. Da die Kosten gesunken sind, kann er seinen Preis
für die Bereitstellung seiner Vermittlungsleistung senken. Dies wiederum sollte sich
positiv auf die nachgefragte Menge, das Verkehrsvolumen, als Anzahl an Telefonaten
und deren Dauer, auswirken.
Für die Terminierung von Anrufen aus anderen Netzen, müssen die Wettbewerber dem
Betreiber des Empfangernetzes ein Terminierungsentgelt entrichten. Investiert dieser in
sein Netz, kann er auch dieses Terminierungsentgelt senken. Da das Terminierungsent-
gelt Kosten für die Wettbewerber darstellt, wirkt sich die Investition auch auf den
eingehenden Verkehr von Wettbewerbern aus.
Die Europaische Kommission fordert, dass das Terminierungsentgelt auf nationaler Ebene
nach dem sogenannten long-run incremental cost (LRIC) Ansatz reguliert wird, der
insbesondere Infrastrukturinvestitionen fordert. Dass dieser Ansatz Investitionsanreize
schafft, wurde bereits mehrfach in der theoretischen Literatur belegt. Zunachst wird in
einem theoretischen Modell gezeigt, dass Investitionen das Volumen eingehender Anrufe
sowohl beim Investor als auch bei seinen Wettbewerbern steigern sollten. Die Kostenre-
duktion senkt das Terminierungsentgelt des Investors und erhoht (ohne Regulierung),
senkt (bei LRIC Regulierung) oder verandert nicht (bei standardmaβiger kostenorien-
tierter und Preis-Deckel-Regulierung) das Terminierungsentgelt der Wettbewerber.
Anschlieβend werden die theoretischen Ergebnisse für europaische Mobilfunkmarkte
empirisch untersucht. Wahrend der positive Effekt auf das Verkehrsvolumen und der
negative Effekt auf das Terminierungsentgelt des Investors nicht widerlegt werden
konnen, sinkt das Terminierungsentgelte von Wettbewerbern. Dies kann allerdings
nicht auf die Regulierungsmaβnahme zurückgeführt werden. Bei der Untersuchung der
Auswirkung auf den Gewinn aus der Terminierung von Anrufen fallt auf, dass sich der
Gewinn des Investors erhoht, der Gewinn der Wettbewerber aber trotz Veranderungen
des geforderten Terminierungsentgelts und des Volumens eingehender Anrufe annahernd
unverandert bleibt.
Die empirischen Ergebnisse stellen den haufig angenommenen starken Einfluss von
Regulierung auf Investitionen in Frage. Vielmehr scheinen Investitionen und daraus
resultierende Veranderungen des Verkehrsvolumens zwischen Netzen durch die Interak-
tion der Wettbewerber gepragt zu sein.