Brauchen wir ein Konjunkturprogramm?: Kommentar



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Kommentar



Brauchen wir ein
Konjunkturprogramm?

von Christian Dreger*

Die wirtschaftliche Entwicklung in Deutschland hat sich deutlich ein-
getrübt. Der aktuelle Rückgang der Produktion ist starker ausgefallen
als ursprünglich erwartet. Auch die Finanzkrise ist noch nicht gebannt.
Bei einer Verscharfung dürfte die Geldpolitik zunehmend wirkungslos
werden. Gegenwartig haufen sich Negativmeldungen. Um ein weiteres Abgleiten zu
verhindern, werden deshalb vermehrt Konjunkturprogramme gefordert. Doch übersteigt
der Nutzen tatsachlich die Risiken?

So besteht bei solchen Programmen die Gefahr, dass die Konsolidierung der Staats-
finanzen weiter hinausgeschoben wird. Steigende Staatsausgaben sind leicht beschlos-
sen, ihr spaterer Abbau ist jedoch ungleich schwerer durchzuführen. Sollten jedoch
tatsachlich Pakete zur praventiven Stützung der Konjunktur umgesetzt werden, ist die
Rückführung der Defizite bereits heute verbindlich festzulegen. Dies verlangt künftig
eine starkere Regelbindung der Fiskalpolitik. Daneben sollte die Politik entsprechende
Programme international abstimmen und sich darauf konzentrieren, die Bedingungen
für ein nachhaltiges Wachstum zu verbessern. Durch ein koordiniertes Vorgehen lassen
sich auch drohende Subventionswettlaufe noch am besten vermeiden.

Die Wirtschaftspolitik sollte bei alldem aber einen kühlen Kopf bewahren. Keinesfalls
kann es darum gehen, für Defizite im Unternehmensmanagement einzustehen. Sek-
tor- oder gar unternehmensspezifische Hilfen kommen in erster Linie organisierten
Interessengruppen zugute, die damit die Anpassungslasten auf andere Bereiche ab-
walzen und den notwendigen Strukturwandel aufhalten. Zudem findet der Rückgang
der wirtschaftlichen Aktivitat bei einer im Mittel immer noch recht hohen Kapazitats-
auslastung statt. Von einer allgemeinen Nachfrageschwache kann also bisher keine
Rede sein. Der Arbeitsmarkt zeigt sich nach wie vor in robuster Verfassung. Der Mangel
an qualifizierten Arbeitskraften lasst auch in Zukunft gute Beschaftigungsperspektiven
erwarten, sodass Unternehmen ihre Stammbelegschaft selbst in Zeiten konjunktureller
Schwache aufrechterhalten dürften.

Zu übertriebener Schwarzmalerei besteht daher kein Anlass. Zwar wird das Wachstum
in Deutschland im nachsten Jahr weniger von den Exporten getragen. Der sinkende
Olpreis führt aber zu einem Rückgang der Inflation, was die Kaufkraft der privaten
Haushalte erhoht. Davon dürfte vor allem die Konsumnachfrage profitieren. Auβerdem
wird die Importrechnung wegen des geringeren Olpreises um 30 Milliarden Euro pro
Jahr geringer ausfallen. Dies entspricht etwa 1,5 Prozent des Bruttoinlandsprodukts.
Daher bestehen also durchaus Chancen, dass die Rezession überwunden wird, ohne
allzu tiefe Spuren zu hinterlassen.

* Dr. habil. Christian Dreger leitet die Abteilung Konjunktur im DIW Berlin.

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