provided by Research Papers in Economics
Agrarwirtschaft 56 (2007), Heft 7
Analyse des Verbraucherorientierten Qualitatsurteils
mittels assoziativer Verfahren am Beispiel von
Schweinefleisch und Kartoffeln
Analysis of consumer-oriented quality judgment applying
associative elicitation techniques - the case of pork and
potatoes
Maike Bruhn und Carola Grebitus
Christian-Albrechts-Universitat zu Kiel
Zusammenfassung
Um Produkte erfolgreich im Markt zu positionieren, müssen diese
den Qualitatsanforderungen der Konsumenten entsprechen. Vor
diesem Hintergrund wurde an den Fallbeispielen Schweinefleisch
und Kartoffeln das verbraucherorientierte Qualitatsurteil analysiert.
Produkte unterscheiden sich im Hinblick auf ihre Eigenschaften. Die
Differenzen eines Produktes konnen hierbei in realen Unterschieden
aber auch in wahrgenommenen Unterschieden bezüglich ihrer Cha-
rakteristika liegen (Saghaian und Reed, 2004: 345). Es wird davon
ausgegangen, dass die Qualitatsbeurteilung von tierischen und
pflanzlichen Produkten stark differiert. Verbraucherbefragungen
zeigen beispielsweise, dass die Qualitat von Schweinefleisch
durchgangig deutlich schlechter beurteilt wird als die Qualitat von
Kartoffeln.
Um diese Unterschiede aufzudecken und zu systematisieren, wurde
im Rahmen der vorliegenden Studie untersucht, welche Qualitats-
merkmale im Gedachtnis gespeichert sind. Auf theoretischer Ebene
wurden den semantischen Netzwerken und dem Spreading Activati-
on Network Model Rechnung getragen. Zur Erhebung der semanti-
schen Netzwerke wurden assoziative Techniken genutzt. Hierbei
kam erstmalig in der Agrarokonomie die Methode des Concept
Mappings zur Anwendung. Die Auswertung der Daten erfolgte mit-
tels netzwerkanalytischer Ansatze. Als wichtige Qualitatsindikatoren
sind unter anderem der Schlachter bei Schweinefleisch und die
Sorte bei Kartoffeln hervorzuheben.
Schlüsselworter
Lebensmittelqualitat; kognitive Strukturen; semantische Netzwerk-
analyse; Qualitat von Schweinefleisch und Kartoffeln
Abstract
Consumers’ quality judgement depends on their knowledge con-
cerning certain quality attributes. Against this background this
paper presents the results of a consumer survey conducted in 2004.
We focus on measuring consumers’ cognitive structures regarding
pork and potatoes. On this account we apply a free-association
technique and a variation of concept mapping. Our analysis shows
that consumers’ cognitive structures are quite complex and hetero-
geneous.
Product characteristics such as ‘taste’ and ‘fat content’ dominate
consumers’ knowledge. To predict the eating quality of pork con-
sumers prefer intrinsic quality cues. In contrast to that extrinsic
quality cues are used to predict the origin of the given product. With
regard to potatoes the intrinsic quality cue ‘appearance’ as well as
the extrinsic quality cue ‘kind’ are used to predict the palatability.
This knowledge enables marketers to invent consumer-oriented
marketing activities.
Key words
food quality; cognitive structure; memory schemata; quality of pork
and potatoes
1. Einleitung
Gesattigte Markte und zunehmend homogene Produkte
kennzeichnen den deutschen Lebensmittelmarkt. Qualitat
ist eine Moglichkeit, um sich von den Mitbewerbern abzu-
grenzen. Hierbei ist es für den Geschaftserfolg von ent-
scheidender Bedeutung, dass qualitatsbezogene Marketing-
aktivitaten verbraucherorientiert gestaltet werden (Kotler
und Armstrong, 1994: 48). Um Lebensmittelqualitat er-
folgreich zu kommunizieren, muss unter anderem dem
Sachverhalt Rechnung getragen werden, dass es sich bei
dem Qualitatsbegriff um ein komplexes sowie dynami-
sches, sich im Zeitablauf anderndes, Konzept handelt
(Garvin, 1984: 39). Als Gründe hierfür konnen der techni-
sche Fortschritt und die Veranderungen von Standards und
Normen sowie der Einstellungswandel der Konsumenten
angeführt werden (Bruhn, 2004: 18). Diese Dynamik er-
fordert eine kontinuierliche Analyse des verbraucherorien-
tierten Qualitatsverstandnisses.
Um Qualitat als Marketinginstrument einzusetzen, ist es
folglich notwendig, einen Einblick in den Wahrnehmungs-
prozess zu erhalten. Zur Erfüllung der Erwartungen der
Verbraucher muss geklart werden, welche Qualitatsmerk-
male für die Kaufer relevant und zuganglich sind und wel-
che Moglichkeiten bestehen, diese Informationen zu kom-
munizieren (Glitsch, 2000: 177). Der Verbraucher ist bei
der Qualitatsbewertung durch vorhandene, erfahrungs-
basierte Vorurteile und Denkschablonen weitgehend vor-
programmiert. Diese vereinfachten Programme der Infor-
mationsverarbeitung sind im Wesentlichen dadurch ge-
kennzeichnet, dass der Konsument von einem Eindruck auf
einen anderen Eindruck schlieβt (Inferenzen). So beurteilen
die Verbraucher die Lebensmittelqualitat vielfach anhand
von einer Schlüsselinformation, wie sie beispielsweise die
Marke darstellt (Kroeber-Riel und Weinberg, 2003:
305). Marken als zentrale Qualitatsindikatoren finden sich
in der Regel bei verarbeiteten, hoch standardisierten
Lebensmitteln. Deshalb ist es für Verbraucher relativ ein-
fach, ein Qualitatsurteil zu fallen.
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