Analyse des verbraucherorientierten Qualitätsurteils mittels assoziativer Verfahren am Beispiel von Schweinefleisch und Kartoffeln



Agrarwirtschaft 56 (2007), Heft 7

Bei unverarbeiteten Lebensmitteln, wie frischem Obst und
Gemüse sowie Fleisch, sind Markenartikel jedoch von
untergeordneter Bedeutung
(Bech-Larsen und Grunert,
2001: 189; Bredahl, 2003: 66). Konsumenten müssen
dementsprechend auf andere Qualitatsindikatoren zurück-
greifen. Bei Frischfleisch sind dies unter anderem die Farbe
oder die Angebotsform (Fleischtheke, SB-Theke etc.). Bei
Kartoffeln spielt die Groβe eine Rolle
(Alfnes, 2004: 19,
Lüth und Spiller, 2006: 143). Daher gilt es die Frage zu
klaren, welche Qualitatseindrücke mit den jeweiligen Qua-
litatsindikatoren verknüpft sind. Um die Frische eines Pro-
duktes zu bewerten, nutzen Verbraucher beispielsweise die
Farbe des Lebensmittels als Qualitatsindikator. Die Farbe
dient ebenfalls als Indikator für den Geschmack eines Pro-
duktes. Das bedeutet, es existieren vielfaltige Verknüpfun-
gen. Vor diesem Hintergrund ist es das Ziel dieser Arbeit,
bedeutende Qualitatsindikatoren bei frischen, unverarbeite-
ten Produkten an den Fallbeispielen Schweinefleisch und
Kartoffeln zu systematisieren, um dann ihre Rolle im Rah-
men der Qualitatsbewertung abzuleiten. Zu diesem Zweck
beschaftigt sich Kapitel 2 mit den gedachtnistheoretischen
Grundlagen. Es wird der Frage nachgegangen, in welcher
Form Informationen im Gedachtnis vorliegen und wie diese
abgerufen werden konnen. Diese kognitiven Strukturen der
Verbraucher gelten als einer der wichtigsten Aspekte, um
Aussagen über das Qualitatsurteil und letztendlich über das
Kaufentscheidungsverhalten zu treffen
(Olson und Rey-
nolds,
1984: 77). Im Anschluss daran wird in Kapitel 3 der
methodische Aufbau beschrieben. Auf methodischer Ebene
werden zwei qualitative Verfahren angewandt, um die Ver-
knüpfungen zwischen Qualitatsindikator und zugrunde
liegender Qualitatsdimension aufzudecken. Neben der An-
wendung des gangigen Wort-Assoziationstests wird die
Methode des Concept Mappings aus dem Bereich der Sozi-
alforschung erstmals in die Agrarokonomie übertragen.
Hierzu wurde 2004 eine Haushaltsbefragung in Kiel durch-
geführt (n=260). Die in dieser Form aufgedeckten kogniti-
ven Strukturen der Befragten werden mittels semantischer
Netzwerkanalyse analysiert. Das vierte Kapitel stellt die
Durchführung der Studie sowie die Ergebnisse dar. Die
Arbeit schlieβt mit einer Schlussbetrachtung.

2. Gedachtnistheoretische Grundlagen

2.1 Schema Theorie und Spreading Activation
Network Model

Das Qualitatsurteil der Konsumenten hangt von seinen
kognitiven Strukturen ab. Theoretische Fundierung hierfür
liefert die Schema-Theorie. Jede Information auf die ein
Individuum trifft, ist im Gedachtnis durch Schemata orga-
nisiert
(Erasmus et al., 2002: 3). Dieser Theorie zufolge
sucht das Individuum bei der Wahrnehmung eines Reizes
ein Schema, welches für das Verstandnis und die Beurtei-
lung des Reizes geeignet ist (Alba und Hasher,
1983:
203)
. Das bedeutet, vorhandene Schemata steuern die In-
formationsverarbeitung, indem in erster Linie solche Infor-
mationen wahrgenommen werden, die zu einem vorhande-
nen Schema passen. Neue Informationen, die in ein Schema
passen, werden schneller verarbeitet
(Grunert, 1986: 103).
Auf diese Weise bekommen Stimuli eine Bedeutung und
ermoglichen die Interpretation und das Verstandnis von
bekannten und neuen Situationen
(Erasmus et al., 2002: 3).

Es ist davon auszugehen, dass jeder Mensch ein gut ausge-
bildetes Schema für Lebensmittelqualitat hat, welches auf
seinen vorangegangenen Erfahrungen beruht. Dieses bein-
haltet beispielsweise Attribute wie Frische, Herkunft des
Produkts oder Einkaufsstatten.

Ein Schema lasst sich auch als ein semantisches Netzwerk
interpretieren. Dieses beschreibt Wissen sowohl anhand
seiner Struktur als auch anhand der in dieser Struktur ablau-
fenden Prozesse
(Holzmann und Wührer, 2000: 431). Ein
Netzwerk bildet die assoziativen Beziehungen zwischen
mehreren Begriffen ab. Die Knoten des Netzwerks weisen
auf Vorstellungen hin, die sich auf Gegenstande und ihre
Eigenschaften beziehen. Die Kanten eines Netzwerks stel-
len die Verbindungen dar. Die im Netzwerk ausgewiesenen
Verknüpfungen bestimmen die Verwendung des abgebilde-
ten Wissens bei der Informationsverarbeitung
(Kroeber-
Riel und Weinberg,
2003: 231). Cowley und Mitchell
bemerken in diesem Zusammenhang, “... it has been fre-
quently demonstrated that how information is organised
in memory affects both how much information and what
information is retrieved by consumers” (Cowley und
Mitchell,
2003: 443).

Die Verhaltensrelevanz wird von Olson und Reynolds
thematisiert, „we believe that a key factor in developing a
useful understanding of consumer behaviour, perhaps the
most important aspect, is consumers’ cognitive structures of
knowledge in memory. Researchers have widely recognized
that such memory structures exert a major influence on
behaviour - both overt motor behaviour and internal mental
behaviour” (Olson und Reynolds,
1984: 77). Grunert
(1986: 96) weist ebenfalls ausdrücklich darauf hin, dass
individuelle semantische Netze zur Voraussage von Verhal-
tensweisen verwendet werden konnen.

Inhalte eines Netzwerkes sind nur dann verhaltensrelevant,
wenn sie aktiviert werden. Die Aktivierung kann mit Hilfe
des Spreading Activation Network Models erklart werden.
Laut
Cowley und Mitchell (2003) führt innerhalb des
Netzwerks die Aktivierung eines Knotens,
Ka, zur Aktivie-
rung aller mit diesem Knoten,
Ka, verbundenen Knoten, Kn.
Überschreitet das Aktivierungspotenzial einen gewissen
Schwellenwert, so führt das dazu, dass auch angrenzende
Knoten aktiviert werden. Je starker die Verbindung zwi-
schen zwei Knoten ist, desto schneller die Aktivierung. In
diesem Modell stehen die Knoten für (Produkt-)Attribute
und die Kanten für Verbindungen / Assoziationen zwischen
den Attributen. Bezogen auf Lebensmittelqualitat kann ein
Gütesiegel Informationen über den Produktionsprozess
eines Produktes liefern
(Olson, 1978: 707; Anderson,
1983: 5).

2.2 Qualitatsindikatoren und Qualitatsattribute

Im Bewertungsprozess der Verbraucher ist bedeutend, wel-
che Attribute bezüglich eines Produktes gespeichert sind
und davon letztendlich zur Qualitatsbeurteilung genutzt
werden
(Trommsdorff, 2003: 295). Konsumenten konnen
intrinsische und extrinsische Qualitatsindikatoren vor dem
Kauf zur Bildung eines Qualitatsurteils heranziehen. Intrin-
sische Qualitatsindikatoren sind physikalische Bestandteile
des Produkts wie z.B. Farbe, Geruch, Form
(Bech et al.,
2001: 99ff.; K
AAS, 1994: 248f.). Extrinsische Qualitats-
indikatoren sind alle weiteren Produktmerkmale, beispiels-
weise Marke, Einkaufsstatte, Preis
(Verbeke et al., 2005:

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