Eigentumsrechtliche Dezentralisierung und institutioneller Wettbewerb



EigentumsrechtIiche DezentraIisierung und institutionelɪer Wettbewerb

von

Jorn Sideras

I. Evolutionisinus und Konstitutionalisnius

Bei der Analyse der Frage, wie sich aus einem Zustand der Hobbes'schen Anarchie ein
weitgehend friedliches und regelgeleitetes Zusammenleben einer groBen Anzahl von
Menschen ergibt, haben sich zwei grundlegende Forschungsrichtungen entwickelt. Der
Ansatz des Iiberalen Evolutionismus geht auf Hayek zurück1. Ihm Iiegt die Kernaussage
zugrunde, daB kulturelle Evolution als kollektives Lernen vonstatten geht und u. a. in der
Verfestigung von Regeln und Traditionen resultiert, die für die Gruppe von Vorteil sind,
aber den Wiinschen einzelner Individuen durchaus entgegengesetzt sein kônnen. Der
Ansatz des Vertragstheoretischen Konstitutionalismus wurde von Buchanan entworfen
und betont die Neutralitat des Prinzips der Unsichtbaren Hand in Bezug auf die soziale
Effizienz oder Ineffizienz der Spontan Iiervorgebrachten Resultate. Buchanan meint, „
>invisible hand explanations< may be as applicable to >orders< that are clearly recogni-
zed to be undesirable as to those that are recognized to be desirable“2. Die den LJberle-
gungen von
Hayek ZUgnmdehegendeti Verhaltensregeln zwischen Menschen entwickeln
sich unabhangig vom Willen und den konkreten Wiinschen des einzelnen Individuums als
Ergebnis
spontaner Ordnung3. Sie sind in ihren Ergebnissen nicht Vorhersehbar. Die
dem
Buchanan'schen Vertragstheoretischen Konzept Zugrundeliegenden Verfassungsre-
geln
sind das explizite Ergebnis eines bewuBten Willensbildungsprozesses der Gesamt-
heit aller Individuen und stellen das Résultat einer
Organisatorischen Leistung dar4. Die

1 Vgl. Hayek [1991], S. 65 fΓ. Vgl. auch Hayek 11994a∣. Vgl. zu einer Auseinandersetzung mit dem evolutori-
schen Konzept Hayeks Vanberg [ 1994a∣.

2 Buchanan [1977], S. 28. Vgl. zu einer die Konzepte Hayeks und Buehanans gegenüberstellenden Studie
Vanberg [1981].

ɜ Der Verfasser stellt in diesem Zusammenhang auf die begrif∏iche Unterscheidimg zwischen Ordnung und
Organisation ab. Vgl. zu Weiterfiihrenden Ausfiilirungen hierzu Sideras [1997], insbesondere S. 26-32.

4 Buchanan Sclireibt selbst: ,,Regeln ftir menschliches Zusammenleben werden uns nicht einfach von einer
hoheren Macht mitgegeben. Der Mensch muβ seine Verstandeskralle nutz.en, will er ini Chaos eine Ord-
Iituig fmden ...“. Buchanan [1984], S. XI. Ober das Urteil Hayeks in Bezug auf seine Herangehensweise
meint er: ,J am not sure how Hayek would classify this basicalfy contractarian position that I have sketched.
It seems clearly to fall within the constructivist category in the sense that it does provide a guideline for de-
ciding wether or not existing institutions were (are) to be approved' ’. Buchanan [1977], S. 33. Er spricht
damit Hayeks Auffassung vom konstruktivistischen (Cartesischen) Rationalismus an, der die Grundlage war
tιlr die ..Vorstellung von der Entstehung der Gesellschafl durch einen Gesellschaflsvertrag. zuerst bei Hob-



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