Nach der Einführung von Arbeitslosengeld II: deutlich mehr Verlierer als Gewinner unter den Hilfeempfängern



provided by Research Papers in Economics


VzDIW



Deutsches Institut
für Wirtschaftsforschung


Nr. 50/2007

74. Jahrgang

12. Dezember 2007


BERLIN


Wirtschaft Politik Wissenschaft


www.diw.de


Wochenbericht

Nach der Einführung von
Arbeitslosengeld II: Deutlich
mehr Verlierer als Gewinner
unter den Hilfeempfangern

Durch die Zusammenlegung von Sozialhilfe und Arbeitslosenhilfe zum Arbeits-
Iosengeld II kam es zu starken Veranderungen bei den verfügbaren Einkommen der
Leistungsbezieher. Mehr als die Halfte der Personen in Haushalten, diezuvor entwe-
der Arbeitslosenhilfe oder Sozialhilfe bezogen, mussten Einbuβen hinnehmen. Be-
sonders haufig war dies bei Single-Haushalten und kinderlosen Paaren der Fall. Etwa
ein Drittel der Leistungsbezieher wurde dagegen durch die Reform besser gestellt.
So halten sich bei den Alleinerziehenden Gewinner und Verlierer fast die Waage.
Insgesamt fielen die Verluste jedoch hoher aus als die Gewinne. Der Anteil der von
der Reform betroffenen Leistungsempfanger, die nach internationalen Maβstaben
als einkommensarm gelten, ist von gut der Halfte auf zwei Drittel gestiegen.

Jan Goebel
[email protected]

Maria Richter

[email protected]


Die hohe Langzeitarbeitslosigkeit hat die Politik zu einer grundlegenden Reform der
deutschen Arbeitsmarkt- und Sozialpolitik veranlasst.1 Im Zentrum der Umgestaltung
steht die Auflosung der Arbeitslosenhilfe und die Einfuhrung der Grundsicherung
für Arbeitssuchende zum 1. Januar 2005.2 Seither erhalten alle erwerbsfahigen Hilfe-
bedürftigen zwischen 15 und 64 Jahren und damit auch alle bisherigen erwerbsfahigen
Sozialhilfebezieher Arbeitslosengeld II (ALG II). Durch die Umstellung von der
personenbezogenen Arbeitslosenhilfe auf das haushaltsbezogene ALG II hat sich die
Zahl der Hilfebezieher mehr als verdoppelt (Abbildung). Nicht erwerbsfahige Mit-
glieder einer Bedarfsgemeinschaft bekommen Sozialgeld. Sozialhilfe nach dem neu
eingeführten Sozialgesetzbuch (SGB) XII beziehen nun nur noch diejenigen Personen,
die als nicht erwerbsfahig eingestuft werden und die nicht mit einem ALG-II-Bezieher
in einer Bedarfsgemeinschaft leben. Somit fallt die bis 2004 mit der Arbeitslosenhilfe
gewahrleistete eingeschrankte Lebensstandardsicherung weg. Sie wurde durch ein
gesellschaftlich neu definiertes kulturelles Existenzminimum ersetzt.

Inhalt

Nach der Einführung von
Arbeitslosengeld II: Deutlich
mehr Verlierer als Gewinner
unter den Hilfeempfangern
Seite 753

Nachfolgestaaten Jugoslawiens:
Auf dem Weg in die Europaische
Union?

Seite 763


Erstmals seit der Neugestaltung liegen mit den Daten des Sozio-oekonomischen
Panels (SOEP) nun Informationen vor, anhand derer die Auswirkungen der Zusam-

1 Vorschlage zur Finanzierung der Renten-, Kranken- und Pflegeversicherung wurden von der Ende 2002
eingesetzten „Kommission für die Nachhaltigkeit in der Finanzierung der sozialen Sicherungssysteme“ unter dem
Vorsitz von Bert Rürup erarbeitet.

2 Die im Februar 2002 eingesetzte Kommission mit dem Namen „Kommission für moderne Dienstleistungen am
Arbeitsmarkt“ unter dem Vorsitz von Peter Hartz stellte sich unter anderem der Aufgabe, die Arbeitsmarktpolitik
in Deutschland effizienter zu gestalten.

22127




More intriguing information

1. Human Rights Violations by the Executive: Complicity of the Judiciary in Cameroon?
2. Auction Design without Commitment
3. Distribution of aggregate income in Portugal from 1995 to 2000 within a SAM (Social Accounting Matrix) framework. Modeling the household sector
4. Human Development and Regional Disparities in Iran:A Policy Model
5. Female Empowerment: Impact of a Commitment Savings Product in the Philippines
6. A Critical Examination of the Beliefs about Learning a Foreign Language at Primary School
7. The problem of anglophone squint
8. Estimated Open Economy New Keynesian Phillips Curves for the G7
9. AGRIBUSINESS EXECUTIVE EDUCATION AND KNOWLEDGE EXCHANGE: NEW MECHANISMS OF KNOWLEDGE MANAGEMENT INVOLVING THE UNIVERSITY, PRIVATE FIRM STAKEHOLDERS AND PUBLIC SECTOR
10. The name is absent
11. Methods for the thematic synthesis of qualitative research in systematic reviews
12. The Impact of Minimum Wages on Wage Inequality and Employment in the Formal and Informal Sector in Costa Rica
13. How to do things without words: Infants, utterance-activity and distributed cognition.
14. AMINO ACIDS SEQUENCE ANALYSIS ON COLLAGEN
15. The name is absent
16. sycnoιogιcaι spaces
17. THE RISE OF RURAL-TO-RURAL LABOR MARKETS IN CHINA
18. REVITALIZING FAMILY FARM AGRICULTURE
19. INTERPERSONAL RELATIONS AND GROUP PROCESSES
20. Les freins culturels à l'adoption des IFRS en Europe : une analyse du cas français