Agrarwirtschaft 53 (2004), Heft 3
6. Optimierung der Landnutzung durch
Feinanpassung
Das Naturschutzszenario, welches den hochsten gesell-
schaftlichen Nutzen stiftet, wird die Grundlage bilden für
Empfehlungen an die Entscheidungstrager bezüglich der
zukünftigen Flachennutzung im Untersuchungsgebiet sowie
der Maβnahmenbündel zu deren Realisierung. Unabhangig
davon, ob die Adaptive Conjoint-Analyse die Überlegenheit
des Szenarios „Kulturlandschaft-maximal“ bestatigt, er-
scheint es angebracht darüber nachzudenken, in wie weit im
Untersuchungsgebiet eine gewisse raumliche Differenzie-
rung der Landnutzung vorgesehen werden konnte, mit dem
Ziel einer weiteren Steigerung des gesellschaftlichen Nut-
zens.
Modell der „partiellen Segregation" des Ausmaβes des
Ressourcenschutzes: Dieses Modell stellt einen Kompro-
miss zwischen zwei Extremen dar: Dem Modell der (raum-
lichen) „Integration“ (vertreten etwa von BUND & MISE-
REOR, 1997) und dem der (raumlichen) „Segregation“ in
der Landnutzung (vertreten etwa von Kuhlmann, 1993).
Wahrend das erstere das gleiche AusmaB an Ressourcen-
schutz auf allen Standorten postuliert, geht man beim
zweiten davon aus, dass - im Sinne des raumplanerischen
Konzeptes einer „funktionsraumlichen Arbeitsteilung“
(ARL, 1981) - das AusmaB des Ressourcenschutzes von
der Hohe der Opportunitatskosten abhangig gemacht wer-
den sollte. Hieraus ergibt sich, dass die Intensitat des Natur-
schutzes u.a. auch von der Gunst bzw. Ungunst der land-
wirtschaftlichen Standortbedingungen abhangig gemacht
werden sollte. Raumplaner und Okonomen haben mehrfach
auf die wohlfahrtssteigernden Wirkungen einer solchen, auf
eine Reduzierung von Landnutzungskonflikten hinauslau-
fenden Differenzierung hingewiesen (Haber und Duhme,
1995; Alvensleben, 1995; SRU, 1996). Fügt man hinzu,
dass aus Vorsorge- und anderen Gründen gleichzeitig ein
gewisser Mindestressourcenschutz auf allen Flachen ge-
wahrleistet sein sollte - wozu es in der Bundesrepublik
auch bereits eine Vielzahl gesetzlicher Regelungen gibt -,
so gelangt man in Anlehnung Plachter und Reich (1994)
sowie Roweck (1995) zu dem Modell der „partiellen Seg-
regation“ in der Landnutzung (Ahrens, 2001). (Tenden-
ziell in dieselbe Richtung gingen bereits frühe Überlegun-
gen von Haber (1972) zu einem Konzept der „differen-
zierten Bodennutzung“.)
In diesem Zusammenhang stellt sich die Frage, ob durch
eine gewisse raumliche Differenzierung des Ausmaβes des
Naturschutzes im Untersuchungsgebiet eine weitere Redu-
zierung vorhandener Konflikte zwischen Naturschutz und
Landwirtschaft und dadurch eine weitere Erhohung der
gesellschaftlichen Wohlfahrt erreicht werden konnte. Aus
Tabelle 6 wird deutlich, dass dies vermutlich kaum moglich
ist. Der Übergang von Szenario „Kulturlandschaft-maxi-
mal“ zu „Kulturlandschaft-minimal“ würde in allen drei
Teilraumen nur unwesentliche Einkommenserhohungen in
der Landwirtschaft mit sich bringen; im Zerbster Ackerland
ware sogar - aus Gründen, auf die im Rahmen dieses Bei-
trages nicht eingegangen werden kann - ein Einkommens-
verlust zu erwarten.
Modell der raumlichen Differenzierung der Art des Natur-
schutzes: Noch interessanter als die Frage nach der raumli-
chen Segregation des Ausmaβes des Naturschutzes scheint
Tabelle 6. Einkommensminderung in der
Landwirtschaft im Vergleich zum
Status Quo, in €/ha
Teilraum |
Kulturland- |
Kulturland- |
Naturland- |
Naturland- |
Kothener Ackerland |
29 |
26 |
145 |
146 |
Elbtal |
104 |
96 |
97 |
11 |
Zerbster Ackerland |
81 |
87 |
86 |
12 |
Quelle: Eigene Berechnungen
uns - weil nach unserer Kenntnis in der Literatur bisher
noch nicht thematisiert - die Frage nach der raumlichen
Differenzierung der Art des Naturschutzes. Aus Tabelle 6
geht hervor, dass der Übergang von Szenario „Kulturland-
schaft-maximal“ zu „Naturlandschaft-maximal“ im - frucht-
baren - Kothener Ackerland erhebliche und im - weniger
fruchtbaren - Zerbster Ackerland gewisse Einkommensein-
buβen zur Folge hatte. In der Elbtalaue dagegen würde
dieser Übergang keine Einkommensverluste bewirken,
wahrend er andererseits in diesem Teilraum ganz erhebliche
naturschutzfachliche - und hochwasserschutzfachliche -
Vorteile mit sich bringen würde (Umwidmung bisher land-
wirtschaftlich genutzter Flachen in Sukzessionsflachen
bzw. Auenwald). Es sprache somit einiges dafür, in der
Elbtalaue das Leitbild „Kulturlandschaft-maximal“ zumin-
dest in gewissem MaBe in Richtung des Leitbildes „Natur-
landschaft“ zu modifizieren.
7. Ausblick
In diesem Beitrag wurde aus einem interdisziplinaren Ver-
bund-Forschungsvorhaben berichtet, bei dem verschiedene
methodische Ansatze der Okologie und der Okonomie
zusammengeführt wurden. Dabei wurden wichtige Fragen
zur Bestimmung einer „optimalen“ Landnutzung im Unter-
suchungsgebiet beantwortet. Im Mittelpunkt stand eine
ganzheitliche Betrachtung der Region. Das „feinabge-
stimmte“ Naturschutzszenario ist noch nicht abschlieβend
formuliert. Es wird im weiteren Verlauf des Forschungs-
vorhabens als Entscheidungshilfe für die politischen Akteu-
re definiert, hinsichtlich seiner zu erwartenden Auswirkun-
gen auf die Landschaftsfunktionen spezifiziert und soll auf
der Umsetzungsebene um konkrete „Managementstrate-
gien“ in den Bereichen Naturschutz, Landwirtschaft und
Tourismus erganzt werden. Dem Biospharenreservat Mitt-
lere Elbe und dem „Regionalbeirat“ des Forschungsvorha-
bens, der sich aus Interessenvertretern der Landnutzer und
regionalen Entscheidungstragern zusammensetzt und die
Forschung konstruktiv begleitet hat, wird dann als Ergebnis
der Forschung das „feinabgestimmte“ Szenario zur Umset-
zung empfohlen.
Literatur
Ahrens, H. und F. Bernhardt (2000): Auswirkungen zusatzli-
cher Umweltanforderungen auf die Landwirtschaft am Bei-
spiel des Freistaates Sachsen. In: Berichte über Landwirtschaft
78 (1): 106-137.
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