Agrarwirtschaft 53 (2004), Heft 3
Funktion 2 und 3: (a) Arten und Biotope: Gesamt-Biotop-
wert (Punktbewertung des Naturschutzwertes der im Unter-
suchungsraum vorkommenden Biotoptypen, multipliziert
mit den jeweiligen Flachenanteilen); Anzahl der Zielarten,
die im jeweiligen Szenario gefordert werden; (b) Land-
schaftsbild: Flachenanteile der Nutzungen und Strukturen,
die das Landschaftsbild positiv beeinflussen.
Funktion 4: Betriebseinkommen (Nettowertschopfung) der
landwirtschaftlichen Betriebe in €/Jahr; Arbeitsplatze in der
Landwirtschaft.
Funktion 6: Zusatzliche Einkommen / Arbeitsplatze durch
Landschaftspflege.
Funktion 7: Produktion in Getreideeinheiten (GE).
Die absoluten Werte der Indikatoren in den Szenarien wur-
den für die Durchführung der Nutzwertanalyse in Relativ-
groβen zwischen Null und Eins umgerechnet.
Die Gewichtungsfaktoren für die Landschaftsfunktionen
wurden durch eine Befragung regionaler2 Experten aus
Verwaltung und Verbanden (Anzahl: 25) ermittelt. Dabei
wurden letztere auch gebeten anzugeben, welchem „Inter-
essensbereich“ - Naturschutz, Landwirtschaft, Tourismus,
Sonstiges - sie sich zugehorig empfinden. Die Auswertung
der Befragung zeigte, dass sich je nach Interessensbereich
die durchschnittlichen Gewichtungsfaktoren für die Land-
schaftsfunktionen (im folgenden: Praferenzstrukturen )
unterschieden. So gewichteten z.B. die Mitglieder des In-
teressensbereiches „Naturschutz“ die okologisch orientier-
ten Funktionen hoher als die Mitglieder des Interessensbe-
reiches „Landwirtschaft“. Für die nachfolgenden Nutzwert-
berechnungen wurde das arithmetische Mittel der durch-
schnittlichen Gewichtungsfaktoren der vier Interessensbe-
reiche verwendet (d.h. die durchschnittlichen Praferenz-
strukturen jedes Interessensbereiches wurden mit jeweils
25 % gewichtet).
4.2 Ergebnisse
4.2.1 Additive Nutzenfunktion
Für die Szenarien ergeben sich die in Abbildung 4 durch
die schwarzen Balken wiedergegebenen Nutzenwerte. Den
hochsten Gesamtnutzen erbringt Szenario „Kulturland-
schaft-maximal“. Es folgen (in dieser Reihenfolge) „Kultur-
landschaft-minimal“, „Naturlandschaft-minimal“, „Natur-
landschaft-maximal“ und der Status Quo.
Führt man die Nutzwertanalyse auβerdem getrennt für die
Praferenzstrukturen der Interessensbereiche durch, so
andert sich die genannte Rangfolge der Szenarien nur un-
wesentlich (vgl. Tabelle 4): Den ersten Rang nimmt in
jedem Falle das Szenario „Kulturlandschaft-maximal“ ein,
den letzten - mit einer Ausnahme der Status Quo. Für die
Vertreter der Landwirtschaft steht der Status Quo an dritter
Stelle. Die Vertreter des Interessensbereiches „Natur-
schutz“ bewerten die beiden Naturlandschaftsszenarien
hoher als das Szenario „Kulturlandschaft-minimal“.
Abbildung 4. Gesamtnutzen der Szenarien
nach Nutzenfunktion
1,0
0,8
0,6
0,4
0,2
0,0
Iiili
Status Quo Natur-max
additive Nutzenfunktion
Quelle: Eigene Darstellung
Natur-min Kultur-max Kultur-min
□ Cobb-Douglas-Nutzenfunktion
Tabelle 4. Rangfolge der Szenarien
nach Praferenzstruktur
Praferenz struktur |
Rang des Szenarios | ||||
SQ |
N* |
N |
K* |
K | |
Durchschnitt der 4 Interessensbereiche |
5 |
4 |
3 |
1 |
2 |
Interessensbereich |
5 |
3 |
2 |
1 |
4 |
Interessensbereich |
3 |
5 |
4 |
1 |
2 |
Interessensbereich |
5 |
4 |
3 |
1 |
2 |
Interessensbereich |
5 |
2 |
4 |
1 |
3 |
Legende: SQ= Szenario Status Quo; K = Szenario "Kulturland-
schaft-minimal", K* = Szenario "Kulturlandschaft-
maximal", N = Szenario "Naturlandschaft-minimal",
N* = Szenario "Naturlandschaft-maximal"
Quelle: Eigene Berechnungen
2 Es wurden keine Personen auβerhalb der Untersuchungsregion
in die Befragung einbezogen. Mit der Einstufung des Gebietes
als Biospharenreservat ist bereits eine besondere Wertschat-
zung des Naturraumes aus internationaler Perspektive erfolgt.
In der Untersuchung sollen aber vor allem regionale Nut-
zungskonflikte sichtbar gemacht und entscharft werden.
Die hinter der o.g. Rangfolge stehenden Zusammenhange
sollen im folgenden anhand einer graphischen Darstellung
verdeutlicht werden (vgl. Abbildung 5): Es wurden die
Landschaftsfunktionen 4 bis 7 zu der Funktion „Wirt-
schaftskraft“ (Funktion A) zusammengefasst, die Land-
schaftsfunktionen 1 bis 3 sowie 8 bis 10 zu der Funktion
„Umweltqualitat“ (Funktion B). Für jede dieser beiden
Funktionen wurden dann für jedes der 5 Szenarien die ag-
gregierten Nutzenwerte (Teilnutzenwerte) errechnet. Die
Kombinationen dieser Nutzenwerte sind in Abbildung 5 als
Punkte SQ, K, K*, N und N* eingezeichnet. Ihre Lage lasst
sich auch folgendermaβen interpretieren: Beim Übergang
vom Status Quo zu Szenario K herrscht ein Zielkonflikt
zwischen den beiden Landschaftsfunktionen, bei dem aber
der Verlust an Wirtschaftskraft relativ gering ist (Ursache:
positive Einkommenseffekte in Tourismus und Land-
schaftspflege). Beim Übergang von Szenario K zu Szenario
K* liegt Komplementaritat zwischen den beiden Land-
schaftsfunktionen vor, da sich insgesamt sogar gewisse
Einkommens- und Arbeitsplatzvorteile ergeben.
Demgegenüber besteht beim Übergang vom Status Quo zu
Szenario N und dann zu Szenario N* ein ausgepragterer
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