Aktive Klienten - Aktive Politik? (Wie) Läßt sich dauerhafte Unabhängigkeit von Sozialhilfe erreichen? Ein Literaturbericht



1. Sozialhilfe, Arbeitsmarkt und aktivierende Sozialpolitik

Die Diskussion um aktivierende Elemente in der Sozialhilfe hat in den letzten Jahren
zugenommen und wurde durch Sozialpolitische Reformen in den USA und Groβbritannien
befordert, wo zuletzt beschaftigungspolitische Erfolge verzeichnet werden konnten
(Trube/Wohlfahrt 2001). Die Hilfebeziehenden sollen dazu gebracht werden, moglichst
schnell eine Erwerbstatigkeit aufzunehmen und den Bezug passiver Staatlicher
Transferleistungen zu verlassen. Aktivierende Konzepte geben der Erwerbsarbeit generell
den Vorrang und gründen unter anderem auf Befürchtungen, dass mit der Dauer des
Sozialhilfebezugs ein Ausstieg erschwert wird und Überwindungsstrategien verlernt
werden. Daneben spielen aber auch fiskalische Erwagungen angesichts der prekaren
Finanzlage der Offentlichen Haushalte bei anhaltend hoher Arbeitslosigkeit und
zunehmender Sozialhilfequote eine Rolle (Walker 2001; Walker/Wiseman 2001).

In Deutschland nahm der Anteil der Sozialhilfebeziehenden1 an der BevOlkerung seit
Anfang der 1980er Jahre von rund 1,4 Prozent stetig zu und wurde nur durch einen
Rückgang nach der Wiedervereinigung aufgrund der niedrigeren Empfangerzahlen in den
neuen Bundeslandern und durch die Ausgliederung der Asylbewerber gebremst. 1997 und
1998 musste mit 3,5 Prozent ein HOchststand verzeichnet werden. Im Jahre 2000 belief sich
die Sozialhilfequote auf 3,3 Prozent. Ein ahnliches Bild liefert die Entwicklung der
Ausgaben für die Hilfe zum Lebensunterhalt auβerhalb von Einrichtungen, die in 2000 mit
18,6 Mrd. DM (netto: ca. 16,7 Mrd. DM) beziffert wurden (Statistisches Bundesamt 2002a:
132 ff.; Haustein 2002: 133).2

Die wichtigsten Ursachen des Sozialhilfebezugs sind Arbeitslosigkeit und unzureichendes
Erwerbseinkommen: 2000 waren knapp 40 Prozent der Hilfebeziehenden im
erwerbsfahigen Alter (15 bis 64 Jahre) arbeitslos gemeldet. Zudem waren 16,4 Prozent nicht
erwerbstatig, ohne dass sie durch Alter, Krankheit, hausliche Bindung oder die Teilnahme
an Aus- und Weiterbildungsmaβnahmen an einer Arbeitsaufnahme gehindert waren
(Haustein 2002: 128). Zum Jahresende 2000 wurde das Netto-Arbeitskraftepotenzial der
Sozialhilfebeziehenden auf 802.000 geschatzt. Grundlage für diese Schatzung sind die 18-

1 Wenn nichts anderes vermerkt, ist mit "Sozialhilfe" Hilfe zum Lebensunterhalt (HLU) gemeint.

2 Ein weiterer Indikator für die finanziellen Lasten, die mit der Hilfe zum Lebensunterhalt
verbunden sind, ist deren Anteil an den kommunalen Ausgaben. Der Anteil hat sich im Laufe der
1980er Jahre von ca. drei auf über sechs Prozent verdoppelt. In 2000 lag der Anteil der HLU-
Ausgaben an den kommunalen Ausgaben bei etwa 6,5 Prozent (Deutscher Bundestag 2001:
Anhangdiagramm II. 3; Haustein 2002, Statistisches Bundesamt 2002b: eigene Berechnung).



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