provided by Research Papers in Economics
VzDIW
Deutsches Institut
für Wirtschaftsforschung
BERLIN
Wirtschaft Politik Wissenschaft
Nr. 44/2007
74. Jahrgang
31. Oktober 2007
www.diw.de
Wochenbericht
Zuwanderungen aus Mittel- und
Osteuropa trotz Arbeitsmarkt-
barrieren deutlich gestiegen
Karl Brenke
[email protected]
Klaus F. Zimmermann
[email protected]
Für Arbeitskrafte aus den mittel- und Osteuropaischen Beitrittslandern der Europai-
schen Union (EU) sind die Moglichkeiten, in Deutschland einer Beschaftigung nach-
zugehen, stark eingeschrankt. Dennoch kam es nach der EU-Osterweiterung von
2004 zu einem deutlichen Anstieg der Zuwanderungen aus den neuen Mitgliedstaa-
ten. Offenkundig sind die restriktiven Zuwanderungsregelungen unterlaufen worden.
Vor allem wurde die seit dem Beitritt bestehende Moglichkeit, als Selbstandiger in
Deutschland tatig zu werden, genutzt. Aber auch Arbeitnehmer sind zuge wandert.
Unter den in Deutschland lebenden Migranten aus den neuen EU-Landern sind die Po-
len stark überreprasentiert, und die Wanderungsgewinne seit 2004 gehen im Wesent-
lichen auf verstarkte Zuzüge von Personen mit polnischer Staatsbürgerschaft zurück.
Die Qualifi kation der Zugewanderten aus den neuen EU-Staaten ist im Schnitt zwar
nicht so gut wie die der Deutschen, aber besser als die anderer Migrantengruppen.
Die verstarkten Zuzüge zeigen, dass die von Deutschland errichteten Barrieren die
Zuwanderung von Arbeitskraften aus den neuen EU-Mitgliedstaaten nicht aufhal-
ten konnten - sie aber wohl gebremst haben. Wahrscheinlich sind dadurch auch
hoher qualifizierte Migranten, an denen in Deutschland ein besonderer Bedarf be-
steht, in Staaten mit liberaleren Zuwanderungsmoglichkeiten umgelenkt worden.
Die jüngst beschlossenen Lockerungen für einen kleinen Kreis von Spezialisten
stellen einen ersten, wenn auch viel zu zogerlichen Schritt hin zu einer Politik dar,
die Deutschland mit Blick auf den einsetzenden Fachkraftemangel durch zuwan-
derungspolitische Schritte, auch über den Weg einer vorzeitigen Gewahrung voller
Freizügigkeit für Arbeitnehmer aus den mittel- und osteuropaischen EU-Staaten,
okonomische Vorteile verschaffen konnte.
Inhalt
Zuwanderungen aus Mittel- und
Osteuropa trotz Arbeitsmarkt-
barrieren deutlich gestiegen
Seite 645
Hemmnisse für die Vernet-
zungen von Wissenschaft und
Wirtschaft abbauen
Seite 655
22127
EU-Arbeitsmarkte offnen sich
Im Frühjahr 2004 traten der EU zehn neue Mitgliedslander bei, darunter acht aus
dem ehemaligen Ostblock. Die Erweiterung war überwiegend nur ein formeller Akt.
Einerseits wurde bereits in der ersten Halfte der 90er Jahre ein weitgehend freier
Warenverkehr mit den neuen Mitgliedstaaten vereinbart, und an den Bedingungen
für den Kapitalverkehr hat sich mit dem Beitritt ebenfalls fast nichts verandert.
Andererseits gibt es weiterhin Einschrankungen bei der Dienstleistungsfreiheit,