Untersuchungsansatz aus der empirischen Wachstumsforschung
Schatzansatz wird aus Statistischen und theoretischen Überlegungen heraus für
râumliche Abhangigkeiten zwischen den Variablen kontrolliert. Letzteres ermoglicht
es, das Modell nicht nur auf statistische Fehlspezifikationen (insbesondere Normal-
verteilungsannahme der Residuen) zu testen, sondern erlaubt auch die Identifikation
von positiven und negativen indirekten Spillovereffekten.
Der wesentliche methodische Vorteil der wachstumstheoretisch fundierten Ableitung
der Schatzgleichung liegt in der Moglichkeit, die Wirkungsrichtung und die Groβen-
ordnung der geschatzten Koeffizienten mit denjenigen Werten zu vergleichen, die
auf der Grundlage der strukturellen Parameter des theoretischen Modells zu erwar-
ten gewesen waren und die in der umfangreichen empirischen Literatur zu den De-
terminanten des regionalen Wachstums üblicherweise gefunden werden. Zudem
ermoglicht der Rückgriff auf die Wachstumsforschung eine starker theoriegestützte
Auswahl der erklarenden Variablen. Der Ansatz ist durch zwei Besonderheiten ge-
kennzeichnet: Zum einen ist nicht das Niveau des Pro-Kopf-Einkommens zu einem
bestimmten Zeitpunkt, sondern die Wachstumsrate in einem (moglichst langen) Zeit-
raum die zu erklarende Variable, wodurch langfristige Entwicklungen in das Zentrum
der Untersuchung rücken. Zum anderen wird mit dem Pro-Kopf-Einkommen zum
Anfangszeitpunkt des Untersuchungszeitraums eine „Kontrollvariable“ für die relati-
ve Rückstandigkeit einer Region berücksichtigt.6
Die Begründung für diesen Schatzansatz ergibt sich aus der neoklassischen
Wachstumstheorie, wonach Regionen mit unterschiedlichen Einkommensniveaus
unterschiedlich wachsen werden, und zwar derart, dass die anfangs „ârmere” Oko-
nomie eine hohere Wachstumsrate als die „reichere“ aufweist (das Begriffspaar
„arm“ und „reich“ wird hier immer mit Bezug auf die Hohe des Pro-Kopf-
Einkommens zu Anfang eines bestimmten Untersuchungszeitraums verwendet).
Das Einkommen zum Anfangszeitpunkt kontrolliert somit für die Vorhersage der
neoklassischen Wachstumstheorie, dass sich die Wachstumsraten von Regionen
mit verschiedenen Ausgangseinkommen pro Kopf voneinander unterscheiden wer-
den. Besitzt diese Variable ein negatives (positives) Vorzeichen deutet dies auf eine
Konvergenz (Divergenz) der regionalen Wirtschaftsentwicklung hin.
Für eine formale Bestimmung der empirischen Schatzgleichung(en) aus der neo-
klassischen Wachstumstheorie sei auf Barro, Sala-i-Martin (2003) verwiesen. An
6 Da in den Modellen der Wachstumstheorie üblicherweise Vollbeschaftigung herrscht, ist die Unter-
scheidung von Einkommen je Einwohner und Erwerbstatigen in der Theorie nicht weiter von Inte-
resse. In der empirischen Praxis jedoch werden alternativ beide Konzepte verwendet. Unterschiede
zwischen dem regionalen Einkommen je Einwohner und demjenigen je Erwerbstatigen werden
durch Unterschiede in der Erwerbstatigenquote (Verhaltnis Erwerbstatige zu Einwohnern) hervor-
gerufen. In dieser GroBe finden sich unterschiedliche demografische Strukturen (Verhâltnis Er-
werbsfahige zu Einwohnern), Unterschiede in der Erwerbsneigung (Verhaltnis Erwerbspersonen zu
Erwerbsfahigen) und Unterschiede in der Beschaftigungsrate (Verhaltnis Erwerbstatige zu Er-
werbspersonen) wieder. Daneben wird das Verhaltnis Einwohner zu Erwerbstatigen auf der regio-
nalen Ebene noch durch Pendlerverflechtungen verzerrt, da die Einwohner nach dem Wohnort-, die
Erwerbstatigen jedoch nach dem Arbeitsortprinzip erfasst werden.