Wettbewerbs- und Industriepolitik - EU-Integration als Dritter Weg?



Wettbewerbs- und Industriepolitik

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te die wohlklingende Idee von den ,,Interregionalen Allianzen fur die Markte von mor-
gen“ (siehe Kapitel 2.3.) vielleicht wirklich mit Leben erfüllt werden. Daraus folgt:

Der Anspruch der Gemeinschaft, bei all ihren Tatigkeiten darauf hinzuwirken, ,Un-
gleichheiten zu beseitigen“ (Art. 3 EG-Vertrag in der Fassung des Vertrags von Nizza)
ist unrealistisch, wenn damit ausgeglichene Lebensverhaltnisse in allen Teilraumen der
EU gemeint sein sollten. Der Anspruch steht auch im Widerspruch zu dem, was mit
industriepolitischen Maβnahmen in der Regel angestrebt wird. Disparitaten im Raum
sind, so weit sie uberhaupt ein volkswirtschaftliches Problem darstellen27, nur insoweit
eine integrationspolitische Aufgabe, als es darum geht, Verfalschungen der Grenzen der
Agglomeration zu verhindern oder zu beseitigen (siehe Kapitel 3.4.). Im ubrigen sollte
auch in dieser Hinsicht der Wettbewerb als Verfahren zur Entdeckung von sonst unbe-
kannt und ungenutzt bleibenden Tatsachen gestarkt werden, wenn die Ziele der Lissa-
bon-Strategie ernsthaft angestrebt werden.

Versuche, den Arbeitnehmerstatus in den weniger entwickelten EU-Landern den ar-
beitsrechtlichen Standards in der Gemeinschaft ohne Rucksicht auf die Wettbewerbsla-
ge der Betriebe und die unterschiedliche Arbeitsproduktivitat anzupassen, stellen eine
solche Verfalschung dar. Sie verursachen Arbeitslosigkeit in den aufholenden Landern,
verstarken unnotige okonomische Disparitaten im Raum und verleiten zum erhohten
Einsatz von Palliativmitteln, die die Tendenzen zur Entstehung eines Umverteilungs-
chaos in der EU verstarken.

6.2. Lissabonstrategie der EU - Ablenkung vom Staatsversagen

Die Vorstellung, die Nationalstaaten seien nicht aus eigener Kraft in der Lage, die
Voraussetzungen fur eine erfolgreiche Wirtschafts- und Beschaftigungspolitik zu schaf-
fen, ist widerlegbar - weltweit, aber auch in der EU mit den Landern und Regionen,
denen es gelungen ist, Rigiditaten auf den Arbeitsmarkten und den uberbordenden
Staatsinterventionismus abzubauen.

Der Versuch, im Interesse von mehr Wachstum und Beschaftigung die wirtschaftli-
chen, wissenschaftlichen und politischen Ressourcen zu bundeln, ein gemeinsames
Nachdenken und koordiniertes Vorgehen zu organisieren, ist schon aus folgenden
Grunden anmaβend:

- Es mangelt sowohl an einer gemeinsamen Krisendiagnose als auch an einer ord-
nungspolitischen Basis fur ein widerspruchsfreies therapeutisches Gesamtkonzept.

- Den Schlussel fur das Tor zum Besseren haben die Mitgliedslander in der Hand und
die EU-Kommission mit ihren Initiativen zur Starkung und Ausdehnung des Gel-
tungsbereichs der horizontalen Integrationsmethode.

- Das nationale politische Versagen gegenuber der Aufgabe, die grundlegenden kon-
stituierenden und regulierenden Prinzipien der
Wettbewerbsordnung (Eucken
1952/1990, S. 241 ff.) zur Geltung zu bringen, kann nicht mit einer industriepoliti-

27 Unsere Zivilisation entspringt stadtischem Leben: ,Fast alles, was die zivilisierte von der
primitiven Wirtschaft unterscheidet, ist aufs engste mit den groβen Zusammenballungen der
Bevolkerung verknüpft, die wir Stadte nennen“ (
von Hayek 1971, S. 426).



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