Vorbemerkung
In dieser Arbeit1 wird aufbauend auf den Arbeiten von Peter Hinst und Geo Siegwart
zur Pragmatisierung von Kalkulen des naturlichen Schlieβens2 ein (klassischer)
Redehandlungskalkul3 fur das naturliche Schlieβen entwickelt, fur den gilt: (i) Jede Satz-
sequenz Д d.h. hier: jede Sequenz aus Annahme- und Folgerungssatzen, ist keine Ablei-
tung einer Aussage aus einer Aussagenmenge oder es gibt genau eine Aussage Γ und ge-
nau eine Aussagenmenge X, so dass ⅛ eine Ableitung von Γ aus X ist, wobei dies fur
jede Satzsequenz ohne Ruckgriff auf metasprachliche Kommentarmittel feststellbar ist.4
(ii) Die klassische modelltheoretische Konsequenzrelation fur die erste Stufe ist aquiva-
lent zu der Konsequenzrelation fur den Kalkul.
Bei der Entwicklung des Kalkuls wird der von Peter Hinst und Geo Siegwart entwi-
ckelte grammatische Rahmen pragmatisierter Sprachen erster Stufe vorausgesetzt und um
einige zusatzliche Begrifflichkeiten erganzt (1). Sodann wird die Rede von der Verfug-
barkeit von Aussagen etabliert: Im Gegensatz zu den von Hinst und Siegwart entwi-
ckelten Kalkulen wird bei der Formulierung der Redehandlungsregeln fur diesen Kalkul
nicht auf eine Abhangigkeitsrelation zwischen Aussagenmengen und Aussagen zuruck-
gegriffen, sondern auf eine Verfugbarkeitsrelation zwischen Aussagen, Satzsequenzen
und Stellen (naturlichen Zahlen im Definitionsbereich von Sequenzen). Dabei ist die Ge-
staltung der Verfugbarkeitsrede von der etwa im Kalish-Montague-Mar-Kalkul umge-
setzten Idee inspiriert, dass - mit Ausnahme der Konklusion - die Aussagen in einem
1 In dieser Version des Textes (2.0) sind gegenuber Version 1.0 einige Fehler korrigiert, die Ausdrucks-
verkettung modifiziert, kleinere Hilfstheoreme erganzt und einige Begrifflichkeiten, Definitionen und
Beweise etwas vereinfacht worden.
2 Siehe Hinst, P.: Pragmatische Regeln, Logischer Grundkurs, Logik und Siegwart, G.: Vorfragen,
Denkwerkzeuge und Alethic Acts.
3 Den Ausdruck 'Redehandlungskalkul' zur Bezeichnung pragmatisierter Kalkule des naturlichen Schlie-
βens ubernehmen wir von Sebastian Paasch.
4 Dabei regulieren wir das Pradikat '.. ist eine Ableitung von .. aus ..' so, dass die an dritter Stelle genannte
Aussagenmenge die Menge der in der an erster Stelle genannten Satzsequenz tatsachlich auftretenden
und nicht eliminierten Annahmen ist. Reguliert man das Pradikat, wie auch ublich, so, dass die an dritter
Stelle genannte Aussagenmenge eine Obermenge der Menge der in der betreffenden Satzsequenz tat-
sachlich auftretenden und nicht eliminierten Annahmen ist, dann gewahrleistet der Kalkul dementspre-
chend, dass jede Satzsequenz ʃɔ entweder keine Ableitung einer Aussage aus einer Aussagenmenge ist
oder aber dass es eine Aussage Γ und Aussagenmenge X gibt, so dass fur jede Aussage Δ und Aussa-
genmenge Y gilt: ʃɔ ist eine Ableitung von Δ aus Y gdw Δ = Γ und X ⊆ Y.