19
etwa der Arbeitsmarktsituation. Wahrend Voges und Leisering (1992: 464) einen solchen
Einfluss feststellten, insbesondere für Übergange in vorrangige Leistungssysteme, fand
Buhr (1995: 149 ff.) keinen Einfluss der Arbeitsmarktsituation. Die Analysen von Gangl
(1997, 1998, 2000) und Buhr u.a. (1998) ergaben, dass sich die Lage auf dem Arbeitsmarkt
nicht in verbesserten oder verschlechterten Abgangschancen aus der Sozialhilfe in
Erwerbsarbeit niederschlug. Allenfalls wirkte sich die aktuelle Arbeitsmarktlage auf die
Chance aus, die Sozialhilfe über hoheres Erwerbseinkommen zu verlassen. Für Bremen
zeigten sich allerdings gewisse saisonale Effekte, namlich erhohte Abgangschancen aus der
Sozialhilfe im Frühjahr und Herbst. Golsch findet für Bielefeld dahingegen deutliche
Effekte der konjunkturellen Arbeitsmarktentwicklung, die über Zugangskohorten
operationalisiert wird. Sozialhilfezugange in Jahren mit positiver Arbeitsmarktlage beenden
den Sozialhilfebezug deutlich schneller als Zugange unter der Rahmenbedingung hoher
Arbeitslosenquoten (Golsch 1999). Moglicherweise ist diese Beobachtung aber auch damit
zu erklaren, dass unter negativen wirtschaftlichen Rahmenbedingungen verstarkt Personen
mit schlechten Arbeitsmarktchancen entlassen werden, die sich dann unter den
Sozialhilfezugangen wieder finden. Es konnte bei den Bielefelder Ergebnissen mithin ein
Selektionseffekt vorliegen, insbesondere weil die individuellen Arbeitsmarktressourcen in
den multivariaten Analysen nur unvollstandig kontrolliert werden konnten. Gangl (1997,
1998, 2000) hatte demgegenüber die Abgangschancen einer Zugangskohorte in Sozialhilfe
in Abhangigkeit von der Stellenandrangszahl, also dem Verhaltnis von Arbeitslosen zu
offenen Stellen, untersucht. Voges und Leisering verwendeten in ihrem Modell
Arbeitslosenquoten. Die widersprüchlichen Befunde konnten also durch unterschiedliche
Operationalisierungsweisen hervorgerufen worden sein. Eine Rolle spielt auch, ob zwischen
verschiedenen Formen des Ausstiegs aus der Sozialhilfe differenziert wird. Überdies ist zu
bedenken, dass die Studien auf Bremer und Bielefelder Daten beruhen, so dass auch lokale
Besonderheiten Einfluss nehmen. Moglicherweise spielen strukturelle Bedingungen auf dem
lokalen Arbeitsmarkt eine groβere Rolle als die Veranderung der Quoten im Zeitverlauf.
Eine denkbare Erklarung dafür, dass sich kein klarer Zusammenhang zwischen Ausstiegen
aus der Sozialhilfe und der Arbeitsmarktlage manifestiert, konnte auch darin liegen, dass
zunachst arbeitsmarktnahe Empfanger von vorrangigen Transferleistungen
(Arbeitslosengeld, evtl. -hilfe) oder die stille Reserve vom wirtschaftlichen Aufschwung
profitieren und erst langere Prosperitatsphasen Sozialhilfebeziehenden den Einstieg in den
Arbeitsmarkt erleichtern. Zumindest scheint der Zusammenhang zwischen Arbeitsmarktlage
und Übergangen aus der Arbeitslosenversicherung in den Arbeitsmarkt starker zu sein (vgl.
Gilberg u.a. 1999).
Der Einfluss des Wohnquartiers auf die Dauer des Sozialhilfebezugs wurde insbesondere
von Farwick und Voges untersucht (Farwick/Voges 1997; Farwick 2001). Die Analysen
ergaben für Bremen einen negativen Einfluss von "Armutsquartieren", d.h. dass Bewohner
von Armutsgebieten schlechtere Chancen zum Ausstieg aus der Sozialhilfe haben. Mogliche