5.1 Niveau, Steigung, Krümmung
Eine Laufzeitenempfehlung im Hinblick auf das Zinsniveau ist einfach: Bei histo-
risch niedrigen (hohen) Zinssatzen sollte der Finanzier in Erwartung zukünftig steigen-
der Marktzinsen sich langfristig (kurzfristig) verschulden. Umgekehrt ist für den Inves-
tor, in der Hoffnung eines zukünftigen Zinsanstiegs, eine kurzfristige (langfristige) Kapi-
talanlage empfehlenswert. Beide Laufzeitenempfehlungen basieren dabei auf der implizi-
ten Annahme, dass sich jede Abweichung von einem historischen Mittelwert mittelfris-
tig wieder korrigiert. Chua, Koh und Ramaswamy (2006, S. 20) sprechen in diesem Zu-
sammenhang von so genannten „Mean-Reverting Strategies“.
Im Hinblick auf die Steigung der Renditestrukturkurve gilt für den Investor, dass je
steiler die Kurve ist, desto eher wird das Risiko des Zinsanstiegs bei Laufzeitverlange-
rung durch einen entsprechenden Mehrertrag an Rendite kompensiert. Liegt der Fokus
allein auf der Steigung der Renditekurve, so sollte bei einer im historischen Vergleich
steilen (flachen) Kurve die Laufzeit der Investition verlangert (verkürzt) werden. Umge-
kehrt gilt für die Finanzierung, dass bei einer Renditestrukturkurve mit hoher Steigung,
das Risiko einer Laufzeitenverkürzung durch deutlich niedrigere Zinssatze vergütet
wird. Demgemaβ gilt, je steiler (flacher) die Renditestrukturkurve ist, desto eher sollte
die Laufzeitenallokation der Finanzierung am kurzen (langen) Ende der Kurve erfolgen.
Hierbei ist es auch moglich mit dem Abstand zwischen Kassazinssatzen und impliziten
Terminzinssatzen zu argumentieren. Je steiler die Renditestrukturkurve, desto groβer ist
die Differenz zwischen impliziten Termin- und Kassazinssatzen. Mit einem hohen Ab-
stand besteht ein hoher Risikopuffer gegenüber zukünftig steigenden Kassazinssatzen.
Renditestrukturkurven weisen bei normalem Verlauf eine konkave Krümmung auf.
Dies bedeutet, dass die zuvor mit der Steigung der Kurve gemessene Differenz zwi-
schen kurz- und langfristigen Anleiherenditen sich nicht proportional über die verschie-
denen Laufzeiten verteilt. Daher ist die Renditedifferenz zwischen ein- und fünfjahrigen
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