77
dafür war, "daβ die Seemacht Athen in Konkurrenz und Konflikt geriet zur
Landmacht Sparta ein Konflikt der auch zwischen ganz Unterschiedlichen
Wirtschaftlichen Potenzen ausgetragen wurde" (S. 112). Den Aufwendungen,
die dieser und weitere Kriege bis zur makedonischen Vorherrschaft (in der
hellenistischen Zeit) "fraβen" und den Schaden, die insbesondere den attischen
Bauern, etwa durch "Verlust der Olbaumkulturen" (KREISSIG 1981, S. 186),
erɪeiden muβten, Standen - anders als in früheren Kriegen - keine
kompensierenden Eroberungen und Plijnderungen gegenüber, vielmehr schlugen
sich in der Folge "die von Griechenland als Kriegsentschadigung bezahlten
Summen" (ROSTOVTZEFF 1984, S. 914) und vor allem, daβ "die Tribute der
Biindner nicht mehr eingingen" KREISSIG 1981, S.186) negativ zu Buche. In
dieser Zeit wurden auch die Unzulanglichkeiten des eigenen produktiven
Kapitalstocks, in den nie Systematisch (Jberschiisse investiert worden waren,
manifest. Die auf Wein und Oliven fixierte Exportproduktion erwies sich, als die
Nachfrage nach diesen Giitern sank72, als ebenso unflexibel wie die
Strukturschwache "Stadtwirtschaft (...), der es unter den gegebenen auβeren
Bedingungen n∪r Unvollkommen gelang, eine grdβere Bevolkerung kontinuierlich
mit Giitern zu versorgen" (KLOFT 1992, S. 127)73. Die vorhandene Produktion
und Institutionell verankerte (kuɪturelle und politische) Verbrauchs-
Gewohnheiten, wie etwa "Diaten als Ersatz fiir Verdienstausfall bei der
Ausiibung von Àmtern, bei Besuch der Volksversammlungen und dramatischer
Auffiihrungen" (KREISSIG 1981, S. 186) erwiesen sich als in hohem Maβe
irreversibel. Die Folgen zeigt ROSTOVTZEFF (1984) auf: "Unter dem Druck der
Kriege und der Veranderung der allgemeinen Wirtschaftslage begann
Griechenland sein Kapital aufzubrauchen; dies hdrte bis zum Ende des helle-
nistischen Zeitraums nicht auf" (S. 914). Auch wenn ROSTOVTZEFF dabei
insbesondere an das in einen "L)berfluβ an Bauten investierte Kapital" (ebenda,
S. 913) denkt, vollzieht sich im Wirtschaftssystem - bezogen auf seine in den
(elementaren) Einzelwirtschaften existenten Bestanden - ein gleicher
je<Jes Jahr durchschnittlich Sechshundert Talente, und auβerdem betanden sich auf der Akropolis noch
sechstausend Talente geprâgten Silbers. Der hochste Betrag war neuntausendsiebenhundert Talente gewesen ...
dazu kilmen, so sagte Perikles, an ungeprâgtem Gold und Silber aus Staatlichen und privaten Weihgeschenken
und all dem, was an heiligen Gerdten fiir festliche Aufziige und Spiele, an Perseibeute und dergleichen
vorhanden sei, mindestens fiinfhundert Talente. Notigenfalls Stilnden den Athenem auch noch recht
ansehnliche Summen Geldes aus den iibrigen Heiligtiimem zur Verfiigung und ,wenn allé Stricke reiBen
sollten, auch das goldene Gewand der Athene. Ihr Standbild sei mit reinem Gold im Gewicht von vɪerzig
Talentenbekleidet, das ailes abgenoɪnmen werden kðnne ' (LJbersetzung aus STRUWE 1954, S. 227/228)
72KLOFT (1992) stellt fest: "Das Gleichgewicht von Erzeugung und Nachfrage genet in Unordnung, die ehe-
maligen Abnehmer der griechischen Importe an der Nordmeerkiiste, in den Stadten Thrakiens und im Pontos-
gebiet, produzierten die Waren (Keramik, Ziegel, Ol, Wein) selbst und fungierten nicht mehr als Abnehmer
dieser Giiter" (S. 113)
73Nach WEBER (1988b) waren die antiken Stiidte "slets in weir hoherem Mabe als die mittelalterlichen
Konsum- in weit geringerem dagegen Prorliiktionszentrtin" (S. 13)