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(...) Gutsbetrieb, der durch bessere Organisation (vgl. Xenophons
'Oikonomikos'), durch bessere Nutzung des Bodens (zum Teil Einfijhrung der
Dreifelderwirtschaft) und durch Starkere Ausrichtung an der Geldwirtschaft
gekennzeichnet ist. (...) Handwerk und Gewerbe ∩ehmen groβere Dimensionen
an" (S. 117/18). Die mit diesen Potentialen einhergehende "Entwicklung des
Bedijrfnisstandes der obersten, menschenbesitzenden Schicht" (WEBER 1988a,
S. 294) paβt nun schon besser in das oben gezeichnete Bedürfnis-Bild. Die
Überschüsse, die als Standiges Einkommen erwirtschaftet werden konnten,
wanderten in die Bildung von Reichtum, der "sich auf Besitz von Grund und
Boden, von Herden, von wertvollen Metallgegenstanden, Kleidern und Schmuck
gründet" (KLOFT, S. 101) sowie - mit Aufkommen einer auf Silberwahrung
basierenden Geldwirtschaft66 - auf die Geldschatz-Bildung. FINLEY (1981) stellt
für die antiken GrundeigentiJmer fest: "Aber hauptsachlich verwandten sie ihre
Energie darauf, ihren Reichtum auszugeben, nicht ihn zu schaffen; und sie
gaben ihn für Politik und ein angenehmes Leben aus" (S. 185) Nach KLOFT
(1992) ist für die gesamte Antike "ein Rückgriff der Polis auf die private
Finanzkraft ihrer reichen Mitbürger, die (...) Offentliche Aufgaben freiwillig
übernahmen" (S. 124) kennzeichnend.
Elementarsysteme in Form groβer Wirtschaftseinheiten waren also zu
Überschüssen und einem positiven Wert-Saldo entsprechend (16a∕b) und (18) in
der Lage; nutzten diese Überschüsse aber wohl nur zu einem geringen Teil für
einen Ausbau ihres (produktiven) Bestandes gemaβ (lia)67, in Verbindung mit
einer Erhohung ihrer Produktion gemaβ (6) und (7). Der Rdckfluβ in die
Wirtschaft, wie er für eine Okonomische Energiebilanz gemaβ (4) erforderlich ist,
war dem Horten von Reichtum und der Ausgabe für kulturelle und politische
Bedürfnisse Untergeordnet.
d) Das gesamte Potential der Polis-Wirtschaft
Die Wirtschaftliche Leistungsfahigkeit der Polis Athen gründet sich zumindest in
der Anfangszeit ihres Aufschwungs insbesondere auf ihre "potenten" land- und
Stadtwirtschaftlichen Elemente, die - über die Sklavenarbeit hinaus - auch von
66Als Elementarsystem konnen in diesem Zusammenhang auch die Silbergruben von Lniirion aufgefaβt wer-
den; sie gehδrten "dem athenischen Staat und wurden iɪberwiegend mit Sklaven ausgebeutet" (KREISSIG
1981, S. 141). Ihre Uberschusse dienten, nachdem sie nicht mehr unter den Politen aufgeteilt worden, dem
Ausbau der Hafenanlagen und dem Flottenbauprogramm (vgl. ebenda)
67Es ist im Einzelnen nicht immer eindeutig mδglich, den Erwerb von Grund und Boden, von Sklaven oder
von Tieren nach Reichtum hortenden, Prestige- uder produzierenden Zwecken zu Unterscheiden; auf jeden Fall
erfolgte eine Riickverwandlung von Uberschiissen in produktiven Bestand nicht regelmaBig und systematisch
(vgl. hierzu auch KROMPHARD 1987, S. 63)