Hemmnisse für die Vernetzungen von Wissenschaft und Wirtschaft abbauen
in der technologieorientierten Spitzenforschung zu
erstellen.3 Ausgewahlte Ergebnisse dieser Unter-
suchung werden im Folgenden dargestellt.
Definitionen und Charakteristika von
Netzwerken
Es gibt zahlreiche Versuche, Netzwerke zu definie-
ren. Nach Coase sind Netzwerke hybride Gebilde
auf dem Kontinuum zwischen den beiden extremen
Koordinationsformen Markt und Hierarchie. Nach
Sydow handelt es sich um interorganisatorische
Geflechte rechtlich selbstandiger Organisationen/
Institutionen, die über vergleichsweise stabile sowie
kooperative Beziehungen miteinander verknüpft
sind.4
Netzwerke insgesamt - wie auch Netzwerke in der
technologieorientierten Spitzenforschung - weisen
im Hinblick auf ihre Ausrichtung und Ausgestaltung
sehr unterschiedliche Konfigurationen auf.5 Den-
noch lassen sich einige Gemeinsamkeiten festhalten,
die sie von Projekten oder Forschungsverbünden
unterscheiden.
Typischerweise ist in Netzwerken eine hôhere Anzahl
von Partnerinstitutionen eingebunden als in anderen
Kooperationsformen. Starker als in (Verbund-)Projek-
ten, werden in Netzwerken dauerhafte Arbeitszusam-
menhange eingegangen und Transaktionen zwischen
den Partnerinstitutionen wiederholt. Die Partnerkons-
tellation in Netzwerken besteht im Unterschied zu
(Verbund-)Projekten sowohl aus aktiven - bereits
realisierten - als auch aus passiven Kooperationen.
Letztere weisen das Potential auf, sich schnell und
flexibel aktivieren zu lassen. In Netzwerken werden
zudem Know-how, Informationen und nicht kodifi-
ziertes Wissen kontinuierlich ausgetauscht. Starker
als in traditionellen Projekten, sollten Ressourcen-
und komplementare Kompetenzenbündelung sowie
Neuzugange und Austritte von Akteuren flexibel und
dynamisch vorgenommen werden kônnen.
Die Koordination erfolgt in Netzwerken starker als in
(Verbund-)Projekten über Vertrauen und Reputation,
3 Hagen, K. mit Beitragen von Belitz, H., Kauffeld-Monz, M., Toepel,
K.: Netzwerke (in) der Spitzenforschung. Eine Schwerpunktstudie zur
technologischen Leistungsfahigkeit Deutschlands. Endbericht. Im
Auftrag des Bundesministeriums für Bildung und Forschung (BMBF),
Mai 2007, als gekürzte Fassung Veroffentlicht in Hagen, K.: Netzwerke
in der Spitzenforschung - eine Schwerpunktstudie zur technologi-
schen Leistungsfahigkeit Deutschlands. DIW Berlin: Politikberatung
kompakt 29, Forschungsprojekt im Auftrag des BMBF, Berlin 2007.
4 Sydow, J.: Dynamik von Netzwerkorganisationen: Entwicklung,
Evolution, Strukturation. In: Hoffmann, W. H. (Hrsg.): Die Gestaltung
der Organisationsdynamik, Stuttgart 2003, 327-356; und Sydow,
J. (Hrsg.): Management von Netzwerkorganisationen. Beitrage zur
Managementforschung, Wiesbaden 2006, 3.
5 Vgl. bspw. Gemünden, H. et al: Network Configuration and Innova-
tion Success: An Empirical Analysis in German High-tech Industries. In:
International Journal of Research in Marketing, Vol. 13, Issue 5, 1996,
449-462.
obwohl auch Netzwerke organisationsinternen Ge-
setzen, Normen und Routinen folgen. Dies setzt eine
hohe Kooperations- und Koordinationskompetenz
der am Netzwerk Beteiligten, aber nicht unbedingt
eine zentrale Netzwerkkoordinierung voraus.
Erfahrungen aus Fallstudiennetzwerken
Untersucht wurden insgesamt zwanzig Netzwerke,
die in einem iterativen Rechercheprozess selektiert
wurden.6 Ausgewahlt wurden letztlich Netzwerke,
an denen mindestens sieben Partnerinstitutionen
mitwirken, darunter zumindest jeweils ein Unter-
nehmen. Von den EU-gefôrderten Projekten wurden
nur Kooperationen mit einem deutschen Koordinator
und Vernetzungen, in denen die deutschen Partner
dominant sind, berücksichtigt. Auch wurden nur
Netzwerke berücksichtigt, die eine technikrelevante
Thematik aufweisen. Dabei handelt es sich um nahezu
alle Innovations- oder Zukunftsfelder mit herausra-
gender nationaler Bedeutung, wie sie in der Hightech-
Strategie für Deutschland aufgeführt werden.7
Die Untersuchung basiert auf insgesamt 85 zumeist
persônlichen Interviews. Bei den Befragten handelte
es sich um Koordinatoren und Akteure der Netzwer-
ke (Reprasentanten von Forschungseinrichtungen,
Groβunternehmen, kleine und mittlere Unternehmen
(KMU), Gründerzentren, Transfereinrichtungen und
Verwaltungen). Alle Interviewten sind Experten
ihres jeweiligen Fachs und reprasentierten zumeist
die mittlere bis hôhere Führungsebene ihrer Unter-
nehmen, sind Geschaftsführer von KMU oder hoch
qualifizierte Forscher in Forschungseinrichtungen.
Zugleich sind die Befragten auch Netzwerkexperten.
Die Gesprache fanden überwiegend mit Mannern
statt, da bislang nur wenige Frauen in den Netzwer-
ken an exponierten Stellen auftreten. Erfragt wurde
die Bedeutung von Erfolgsfaktoren für die Entwick-
6 In der ersten Selektionsstufe wurde die Groβenordnung
potentieller interinstitutioneller technologieorientierter Netzwerke
der Spitzenforschung in Deutschland abgeschatzt (n = 249). Für 50
dieser Netzwerke wurden in einer zweiten Stufe auf der Grundlage von
Internet- und Dokumentenrecherchen Profile erstellt. In der dritten
Selektionsstufe wurden 20 Netzwerke für Fallstudien ausgewahlt.
Berücksichtigt wurden sehr ahnliche Forschungskooperationen, aber
auch solche, die eher an den Randern der vorgegebenen Kriterien
liegen. Recherchequellen waren allgemein verfügbare Datenbanken
offentlicher Fordergeber. Dazu gehoren u. a. der Forderkatalog des
BMBF und des Bundesministeriums für Wirtschaft (BMWi), vgl. oas2.
ip.kp.dlr.de/foekat/foekat/foekat, der Forschungs- und Entwicklungs-
informationsdienst der Europaischen Gemeinschaft (European Com-
munity Research and Development Information Service, CORDIS), vgl.
www.cordis.lu/national_service/en/home.html, die Internetplattform
der Initiative Kompetenznetze Deutschland des Bundesministeriums
für Wirtschaft und Technologie, vgl. www.kompetenznetze.de/navi/
de/root.html; bis November 2006: www.kompentenznetze.de sowie die
Internetauftritte der einschlagigen Fachministerien der Bundeslander.
7 Dazu gehoren Sicherheits- und Energieforschung, Umwelt-
technologien, Medizintechnik, Informations- und Kommunikations-
technologien, Fahrzeug- und Verkehrstechnologien, Luftfahrt- und
Raumfahrttechnologien, Maritime Technologien sowie die Quer-
schnittstechnologien Nano- und Biotechnologie, Mikrosystemtechnik,
Optische Technologien, Werkstoff- und Produktionstechnologien, vgl.
BMBF: Die Hightech-Strategie für Deutschland, Bonn, Berlin 2006.
Wochenbericht des DIW Berlin Nr. 43/2007
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