Hemmnisse für die Vernetzungen von Wissenschaft und Wirtschaft abbauen
In den drei von groβen Unternehmen koordinier-
ten Netzwerken wird anwendungsorientierte For-
schung betrieben. Die Zusammenarbeit in diesen
Vernetzungen wird strikt vertraglich oder schriftlich
geregelt. Dazu gehort der Abschluss von Subkon-
trakten mit Regelungen zur Arbeitsleistung, zur
Verwertung und zur Finanzierung. Die Partner in
diesen Netzwerken wurden ausschlieβlich durch
die Koordinatoren ausgewahlt. Bei vielen dieser
Partner handelt es sich um Zulieferunternehmen
des jeweils koordinierenden Unternehmens. Einige
dieser Partner charakterisieren ihre Stellung zu dem
koordinierenden Unternehmen als abhangig.
In ihren jeweiligen Unternehmen sind die Koordi-
natoren der unternehmens- und anwendungsorien-
tierten Netzwerke in erster Linie nicht als Forscher
tatig, sondern als (Projekt-)Manager, nehmen in
ihren Unternehmen exponierte Funktionen ein und
verfügen über eine technische, ingenieurwissen-
schaftliche Qualifikation. Verschiedene Akteure der
Netzwerke beurteilten eine personelle Besetzung
des Netzwerkmanagements aus groβen Unterneh-
men als schwierig, weil die Kontinuitat des Netz-
werkmanagements aufgrund des relativ haufigen
Wechsels von Zustandigkeiten in den Unternehmen,
nicht gewahrleistet werden kann.
Unterschiedliche Verwertungsinteressen
beschranken offene Zusammenarbeit
Die Kooperation von Unternehmen und Forschungs-
einrichtungen, aber auch von Unternehmen unterein-
ander, ist in Netzwerken oft von einem Spannungs-
verhaltnis zwischen Offenheit und Geheimhaltung
gepragt. Risiken für eine Zusammenarbeit in einem
Netzwerk werden im Besonderen für die Verwer-
tung der Forschungsergebnisse gesehen. Solche
Probleme treten vor allem in Netzwerken auf, die
Anwendungsforschung betreiben. Je weiter entfernt
die Forschung von einer konkreten Verwertung
ist, umso offener agieren Unternehmen in Netz-
werken. Steht dagegen eine konkrete Anwendung
in Aussicht, ist eine Zusammenarbeit in einem
Netzwerk unter Umstanden nicht mehr moglich.
Die Geheimhaltung der Forschungsergebnisse, die
Exklusivitat der Verwertungsrechte und des wettbe-
werbsrelevanten Wissens, erhalt dann Vorrang vor
Kooperationsgedanken.
Offentliche Forderung nicht ausreichend
für vernetzte Forschungsorganisation
Akteure aus Offentlich geforderten Netzwerken
kritisierten, dass Forderprogramme oft starre Kon-
ditionen aufweisen und dass eine FOrderdauer von
weniger als drei Jahren zu kurz sei. Beides erOffne
kaum MOglichkeiten, sich an neue technologische
Rahmenbedingungen oder strukturelle Erforder-
nisse anzupassen, die sich wahrend der Laufzeit
der Projekte ergeben. Der Vorteil dieser Finanzie-
rung für die Netzwerkbeteiligten liegt aber darin,
dass der Forschungsablauf vergleichsweise sicher
und planbar ist. Kritisch beurteilt wurde auch,
dass das Netzwerkmanagement in verschiedenen
FOrderprogrammen nicht ausreichend finanziert
wird. In manchen Netzwerken hat dies wohl dazu
geführt, dass wertvolle Managementkompetenzen
verloren gegangen sind. Ein weiteres Problem se-
hen verschiedene Netzwerkbeteiligte darin, dass
von manchen Offentlichen FOrdermaβnahmen ein
Expansionsdruck hinsichtlich der inhaltlichen Auf-
gaben und der GrOβe der Netzwerke ausgeht. Dies
hat in einigen Netzwerken zu einer zunehmenden
inhaltlichen Heterogenitat geführt (Übersicht 2).
Wirtschaft erkennt noch nicht den Nutzen
vernetzter Forschung
Der Nutzen vernetzter Forschung für Akteure der
Wissenschaft liegt vorrangig in Publikationen
und bietet dem wissenschaftlichen Mittelbau die
MOglichkeit des Erwerbs von „Industrieerfahrung“.
Dies führt langerfristig zur Verbesserung der Be-
schaftigungschancen, insbesondere des wissen-
schaftlichen Mittelbaus im Unternehmenssektor.
Unternehmen stellen hingegen den Nutzen einer
Einbindung in ein Netzwerk technologieorientierter
Forschung noch stark in Frage. Viele von ihnen
betrachten den Transfer von Forschungsergebnissen
der Hochschulen in die Unternehmen bislang als
unzureichend, und ihnen fehlt oft eine frühe und
gezielte Berücksichtigung der Verwertung von For-
schungsergebnissen. Diese kurzfristig orientierte
Sicht verkennt jedoch, dass der Nutzen kooperativer
Forschungsprozesse wegen externer Effekte oft erst
mit zeitlicher VerzOgerung zum Tragen kommt.
Schlussfolgerungen für die
Forschungspolitik
Die Forschungs- und Technologiepolitik ist seit
geraumer Zeit bemüht, durch verschiedene FOrder-
programme die Bildung und Entwicklung von
Forschungsvernetzungen zwischen Wirtschaft und
Wissenschaft zu unterstützen. Dazu gehOrt auch der
„Spitzencluster-Wettbewerb“, ein Bestandteil der
Hightech-Strategie für Deutschland.12
Die hier betrachteten technologieorientierten Netz-
werke sind gegenwartig noch zu einseitig von der
Wissenschaft gepragt. Daher ist eine starkere Einbin-
dung von Unternehmen als Promotoren vernetzter
Forschung anzustreben. Mehr Informationen über
12 Bundesministerium für Bildung und Forschung:
Der Spitzencluster-Wettbewerb, www.bmbf.de/de/10726.php.
660
Wochenbericht des DIW Berlin Nr. 43/2007