Nachfolgestaaten Jugoslawiens: Auf dem Weg in die Europaische Union?
man zum Vergleich die neuen mittel- und osteuro-
paischen Mitgliedslander (EU-12) heran: Kroatien
liegt mit rund 7 700 Euro pro Kopf bereits hoher als
der Durchschnitt der EU-12, das Niveau der anderen
NEJ-Staaten ist allerdings zumeist weniger als halb
so hoch. Die Arbeitslosenquote liegt in den meisten
NEJ-Staaten weit über dem Durchschnitt der EU-
12 oder der EU-15, wahrend die Entwicklung der
Verbraucherpreise vielfach bereits mit derjenigen
in den EU-Landern vergleichbar ist. Im Hinblick
auf einen moglichen EU-Beitritt befindet sich
Kroatien nach vielen Kriterien und insbesondere
nach einem Vergleich mit der Situation der zuletzt
der EU beigetretenen Lander zum Zeitpunkt der
Antragstellung für die EU-Mitgliedschaft bereits
heute im „Zielbereich“ die anderen Lander haben
aus okonomischer Sicht aber noch eine groβere
Wegstrecke vor sich.
Nach acht Jahren Stabilitatspakt und der - wenn
auch nicht immer befriedigenden - Durchfuhrung
einer Reihe von Reformen stehen die hier betrach-
teten Staaten des westlichen Balkans nunmehr als
Folge mehrerer Jahre guter Konjunktur eher vor
der Gefahr einer wirtschaftlicher Überhitzung, dies
auch, weil es in einigen Fallen eine jahrelange Li-
quiditatsschwemme gab, die insbesondere durch
den aggressiven Markteintritt westlicher Banken
verursacht wurde. Zudem ist die Schieflage vieler
Leistungsbilanzen eine Herausforderung für die
langerfristige Stabilitat. Historisch wie auch im
internationalen Vergleich niedrig blieb die offent-
liche Verschuldung.
Mit Ausnahme Serbiens haben die Wahrungen der
NEJ eine zumeist relativ stabile oder sogar feste
Relation zum Euro. Da die Lander im Vergleich
zur EU oder auch zum Euroraum klein sind und
zudem den groβten Teil ihres Handels mit der EU
abwickeln, ware langfristig ein Beitritt zur EU
und auch zum Euroraum - auch im Hinblick auf
die Kriterien eines „optimalen Wahrungsgebiets“
- vorteilhaft.
Die Lohne sind vielfach stark gestiegen, die Preise
für Vermogenswerte stellenweise - so etwa regional
im Immobiliensektor in Montenegro - explodiert.
Zwar wirkt die langfristige Perspektive eines EU-
Beitritts positiv, jedoch macht sich schon jetzt ein
Mangel an Facharbeitern bemerkbar, zumal quali-
fizierte Arbeitskrafte in starkem Maβe abgewandert
sind. In Serbien herrscht nach einer schwierigen
Regierungsbildung ein weitgehender Stillstand der
Reformen. Zwar lasst der boomende private Konsum
auch hier die Wirtschaft kraftig expandieren, jedoch
kommen Privatisierungen und notwendige Refor-
men - wie das Recht für Auslander, Grundstücke
zu erwerben - kaum voran. In Mazedonien hat sich
eine Reihe wirtschaftlicher Indikatoren verbessert,
Tabelle 2
Nominales Bruttoinlandsprodukt pro Kopf,
Verbraucherpreise und Arbeitslosenquote 2006
Bruttoinlands- |
Verbraucherpreise |
Arbeitslosenquote | |
In Euro |
Veranderung Vorjahr in % | ||
EU-27 |
23 503 |
2,3 |
8,2 |
EU-15 |
27 816 |
2,2 |
7,7 |
EU-12 (neue Mitgliedslander) |
7 204 |
3,2 |
10,0 |
Bosnien und Herzegowina |
2 388 |
7,5 |
44,8 |
Kroatien |
7 704 |
3,2 |
11,1 |
Mazedonien |
2 430 |
3,2 |
36,0 |
Montenegro |
3 091 |
3,0 |
15,5 |
Serbien |
3 424 |
11,7 |
20,9 |
Quellen: wiiw; Eurostat; Europaische Kommission; IMF; UNECE. DIW Berlin 2007
aber die Arbeitslosigkeit liegt hier noch immer bei
rund 37 Prozent.
Vielfach ist ein Mismatch zwischen dem Ziel der
Preisstabilisierung einerseits und dem starken Kre-
ditwachstum sowie den Leistungsbilanzdefiziten
andererseits zu beobachten. Die Finanzpolitik
ist zumeist bereits restriktiv, und eine straffere
Geldpolitik würde bei Wechselkursflexibilitat eine
Aufwertung bewirken, aber die Kreditgewahrung
durch auslandische Banken nur sehr partiell treffen.
Administrative Maβnahmen zur Krediteindammung
wiederum sind aus anderen Gründen unerwünscht.
Langfristig sind die Konflikte nur aufzulosen, wenn
die Kreditexpansion bei einer effizienten Allokation
der finanziellen Mittel zu einer entsprechenden Er-
hohung der Wettbewerbsfahigkeit, aber auch mittels
entsprechender Investitionen zu einer Erhohung des
Produktionspotentials führt, wie es im Verlauf der
EU-Integration beispielsweise in Irland der Fall
war.
Fazit
Die Nachfolgestaaten des ehemaligen Jugoslawi-
en (NEJ) haben in den letzten Jahren beachtliche
okonomische Erfolge erzielt, auch wenn der Weg
zu einer EU-Mitgliedschaft teilweise noch lang
ist. Zahlreiche Bedingungen für engere wirtschaft-
liche Beziehungen zwischen den NEJ und eine
bessere Zusammenarbeit der NEJ mit der EU sind
allerdings ohne eine Auflosung der politischen
Probleme kaum zu erfüllen. Zu Letzteren gehoren
nicht nur die Kriegsfolgeprobleme zwischen den
Staaten, sondern beispielsweise auch der Mangel
an gegenseitiger Akzeptanz für eine Losung des
Kosovo-Konflikts und die kaum funktionierende
Koordination der Politik zwischen den staatlichen
Einheiten in Bosnien und Herzegowina.
Wochenbericht des DIW Berlin Nr. 50/2007
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