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Alfred Schüller
— Dezentrale Wissensquellen: Die Kenntnis der Umstande, „von der wir Gebrauch
machen müssen, (existiert) niemals zusammengefaβt oder als Ganzes, sondern im-
mer nur als zerstreute Stücke unvollkommener und haufig widersprechender
Kenntnisse, welche all die verschiedenen Individuen besitzen“ (Hayek 1952, S. 103
f.).
— Wettbewerb als Entdeckungsverfahren: Bei der Marktintegration geht es darum, im
Rechnungszusammenhang von Marktpreisen Quellen des Wissens zu erschlieβen
und zu nutzen, das an Personen gebunden und der Natur der Sache nach unvollstan-
dig unter einer Vielzahl von Menschen verstreut ist. Es bedarf zur Mobilisierung ei-
nes wettbewerblichen Suchprozesses (nach dem trial-and-error-Prinzip), in dem
Tatsachen erkennbar werden, die ohne Bestehen des Wettbewerbs entweder unbe-
kannt blieben oder doch zumindest nicht genutzt würden (Hayek 1969, S. 249). Er-
gebnis der Wissensteilung ist die Arbeitsteilung.
— Erwartungen und unternehmerisches Handeln: Die preisgesteuerten Wirtschafts-
plane und arbeitsteiligen Markthandlungen sind trotz aller vergangenheits- und ge-
genwartsbestimmten Erfahrungen der Akteure entscheidend von individuellen Er-
wartungen gepragt. Deshalb beruht die Arbeits- und Wissensteilung immer auf ei-
nem hypothetischen Rechnen mit Erlos-, Kosten- und Nutzenerwartungen (Mises
1940, S. 283 ff.), also auf unternehmerischem Handeln schlechthin. Dieses erhalt
bei der Erschlieβung und Nutzung von Wissensquellen im marktwirtschaftlichen
Rechnungszusammenhang Anreize, die Beziehung zu den Umstanden nicht aus den
Augen zu verlieren, die über das gesamte Marktgeschehen hinweg Einfluβ auf Pro-
duktion undNachfrage haben. Damit ist zweierlei gewahrleistet: Erstens - Aus dem
Marktgeschehen wird über die verschiedenen Dimensionen des Preiszusammen-
hangs ein „einheitlicher und unzerlegbarer“ Prozeβ (siehe Mises 1940, S. 291;
Hoppmann 1982, S. 137 ff.). Zweitens - In diesem Zusammenhang kann sich der
rechnende Umgang mit den Wissensquellen nicht in mikro- und makrookonomi-
schen Fiktionen verlieren wie in der Politikintegration mit ihrem mehr oder weniger
weitgehenden konstruktivistischen Interventionismus, dem ungelosten Preisproblem
und der Neigung zum einseitigen Denken in Produktionskategorien.
Unter dem Druck konkurrierender Bemühungen auf der Angebots- und Nachfrage-
seite entstehen aus veranderten Erlos-Kosten-Relationen Anreize, den gesellschaftlichen
Wissensfluβ in einem einheitlichen Rechnungszusammenhang über Branchen und Re-
gionen hinweg, also horizontal, in Gang zu halten. Dabei ist der Blick unausweichlich
auf Erwartungsanderungen gerichtet. Das macht es notwendig, das Wissen immer wie-
der auf seine Wettbewerbsfahigkeit im Marktgeschehen zu testen und im Sinne der
Best-Practice-Methode auf den neuesten Stand zu bringen. Zugleich entstehen damit
unbewusst und ungewollt auch machtverhindernde und machtauflosende Kontrollen.
3.2. Ordnung der Freiheit I: Die auβeren Institutionen
Die preisgesteuerten Prozesse der Wissenserschlieβung bedürfen - im Sinne des the-
oretischen Institutionalismus - einer Rahmenordnung, die Freiheit und Wettbewerb im
Prozeβ der Wissenserschlieβung ermoglicht und sichert (siehe hierzu die konstituieren-