Wettbewerbs- und Industriepolitik
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den und regulierenden Prinzipien der Wettbewerbsordnung bei Eucken (1952/1990) und
bei Hayek (1971).11 Hierzu zahlen:
— Die verfassungsmaβige Gewahrleistung eines konstitutionellen Minimums an Ord-
nung. Dieses beruht auf Institutionen, die alle freiheitlichen Ordnungen pragen: die
Verhinderung von Gewalt, Raub, Betrug und Enteignung, d. h. der Schutz des Pri-
vateigentums im weitesten Sinne, die Sicherung der Freiheit des Güteraustauschs
durch Vertrage, des engen Zusammenhangs von Entscheidung und Haftung, der
Rechtsstaatlichkeit auf der Grundlage einer wirksamen Kontrolle der Exekutive
durch die gesetzgebenden und rechtsprechenden Organe, die Gewahrleistung der
Landesverteidigung, die Sicherung einer soliden Staatsverwaltung und -
finanzierung mit einer klaren und rechtlich wirksamen Kompetenzverteilung zwi-
schen den Gliedstaaten.
— Die Gewahrleistung eines Systems des freien unverfalschten Wettbewerbs, das der
Gefahrdung durch Inflation und Deflation12, durch interventionistische Maβnahmen
der EU-Kommission oder anderer zentralisierter Organe der EU und durch markt-
widrige Aktivitaten der Mitgliedstaaten entzogen sein sollte.
3.3. Ordnung der Freiheit II: Die inneren Institutionen
Innerhalb des auβeren Rechtsrahmens konnen in einem endogenen Prozeβ der spon-
tanen Wissensentdeckung und -nutzung sowie der Ordnungsbildung eine Fülle von in-
neren Institutionen und Organisationsformen entstehen: vielfaltige Rechtsformen von
Unternehmen und Vertragstypen expliziter und impliziter Art, Firmenverbindungen,
standardisierte Zahlungs-, Kreditsicherungs- und Wertaufbewahrungsmittel, Werbe-,
Vermittlungs- und Beratungseinrichtungen wie Banken, Versicherungen, Terminge-
schafte, Wertsicherungsklauseln, Haftungsregeln, Qualitatsgarantien, Markenzeichen.
Dazu gehoren auch Selbsthilfeeinrichtungen der Wirtschaft wie Handwerks-, Handels-
und Industriekammern und -verbande, regionale Zusammenschlüsse von verwandten
und unterstützenden Branchen, Datenbanken, technische und okonomische Ausbil-
dungszentren, Systeme der sozialen Sicherung usw. Diese unmittelbar oder mittelbar
marktbezogenen Institutionen bilden sich aufgrund von Kosten-Nutzen-Erwagungen
heraus und dienen dem Zweck, die Transaktionskosten der Marktintegration zu senken
und die mit ihr verbundene Ungewiβheit zu mindern. Sie gehoren (haufig in staatlich
beeinfluβten und kulturell gepragten Rechtsformen) zu jenem „sozialen I.ebensprozeB”
(Walter Eucken), der sich hinter dem Preismechanismus verbirgt und nur demjenigen
aus dem Gesamtzusammenhang der Wissensdezentralisierung verstandlich wird, der
sich auf das „Denken in Ordnungen“ einlaβt.
11 Als auβere Institutionen bilden sie die Handlungsrechtliche Voraussetzung der Marktintegra-
tion. Dagegen lassen sich die inneren Institutionen als Geschopfe des Marktsystems, als
handlungsrechtliche Anpassungsformen an die auβeren Institutionen charakterisieren (Lach-
mann 1963, S. 63 ff.; Schüller 1986, S. 35 ff.).
12 Grundlegende Bedingung eines diskriminierungsfreien Wettbewerbs ist eine Wahrungsord-
nung, die Geldwertstabilitat sichert und damit monetar verursachte allokative und distributi-
ve Vermogens-, Einkommens- und Beschaftigungsverzerrungen ausschlieβt.