Wettbewerbs- und Industriepolitik - EU-Integration als Dritter Weg?



Wettbewerbs- und Industriepolitik

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bens ist die Empfehlung, den Binnenmarkt durch Beseitigung von wachstums- und be-
Schaftigungshindemden Regulierungen zu starken und hierbei auch dem Bildungssektor
mehr Beachtung zu schenken. Das ist deshalb gerechtfertigt, weil z.B. das Bildungssys-
tem in Deutschland seit den 70er Jahren vielfach den Kontakt zu den Erfordernissen
eines modernen weltoffenen Marktsystems im allgemeinen und eines leistungsfahigen
Beschaftigungssystems im besonderen verloren hat. Selbst bei günstigeren Wachstums-
raten, als sie heute bestehen, wird vielfach für langere Zeit noch mit groβen Diskrepan-
zen zwischen dem Bildungs- und Beschaftigungssystem gerechnet.

Die Empfehlungen von Lissabon wurden auf dem Treffen des Europaischen Rates in
Stockholm und Goteborg (2001), in Barcelona (2002) usw. teils bekraftigt, teils erwei-
tert. Gefordert wurden mehr Investitionen in das Humankapital, die Erhohung der Ar-
beitsproduktivitat und des durchschnittlichen effektiven Renteneintritts, der Ausbau von
Kinderbetreuungseinrichtungen, die Verringerung von Treibhausgasemissionen, die
Erhohung des Anteils der Stromerzeugung aus erneuerbaren Energiequellen, die Forde-
rung hochqualifizierter Forscher und von F&E-Projekten, der Internetnutzung in Schu-
len und privaten Haushalten (siehe
Wentzel i. d. Bd.), der Elektronisierung der Verwal-
tung („E-Government“) und des Bildungsstands in den Fachern Mathematik, Naturwis-
senschaften und Technik (siehe
EZB 2005a).

Der Wert von gemeinsamen Erklarungen, die sich auf die angeführten Bereiche be-
ziehen, ist im Hinblick auf die mit der Lissabon-Strategie verfolgten Wachstums- und
Beschaftigungsziele nicht allzu hoch zu veranschlagen, zumal es einer okonomisch klu-
gen Interpretation des Subsidiaritatsprinzips entspricht, wenn Vorhaben der genannten
Art im wesentlichen in die Zustandigkeit der Mitgliedstaaten fallen, damit prinzipiell
Gegenstand des Standortwettbewerbs sein konnten.

Die Lissabon-Strategie sieht allerdings für die EU-Kommission eine neue Gemein-
schaftsaufgabe
in Form eines „leichten“ Koordinierungsverfahrens für die Tatigkeitsge-
biete des Art. 3 vor, und zwar in folgender Hinsicht:

- Vorgabe quantitativer Ziele („Benchmarking“) und bestmoglicher Verfahren der
Zielerreichung („Best practices“).

- Jahrlicher Bericht über die Fortschritte der Mitgliedslander bei der Verwirklichung
der genannten und weiterer Vorhaben mit dem Ziel, Gruppendruck („Peer pres-
sing“) auszuüben und der Bevolkerung in den Mitgliedslandern zu zeigen, wo ihr
Land im EU-Vergleich steht (siehe auch
Sundmacher und Müller i. d. Bd.).

Mit diesem indizierenden Koordinierungsverfahren steht die Lissabon-Strategie al-
lerdings ordnungspolitisch in einem Zwiespalt. Zunachst einmal gibt es neben dem re-
nommierten
„Economic Freedom of the World Report“ weitere angesehene Vergleichs-
studien über die Entwicklung der institutionellen Grundlagen der Wirtschafts-, Finanz-,
Sozial- und Auβenhandelspolitik der Nationen. In diesem Rahmen wird auch der Auf-
und Abstieg der EU-Mitgliedslander laufend dokumentiert. Diese Orientierung, die aus
ordnungsokonomischer Sicht auch den Ursachen von Wachstums- und Beschaftigungs-
problemen Beachtung schenkt, ist - bei allen Schwachen - dem Verfahren der EU vor-
zuziehen, das mehr an Symptomen ansetzt und im Verdacht steht, ein Übungsfeld für
eine letztlich angestrebte Zentralisierung (wirtschafts-)politischer Entscheidungen ge-



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