Wettbewerbs- und Industriepolitik - EU-Integration als Dritter Weg?



Alfred Schüller

tenzen liegenden Gefahr vorgebeugt werden, die im Gefolge des Maastrichter Vertrages
von 1992 unübersehbar geworden ist (siehe Kapitel 4. und 5.).

Art. 81 ff. dienen der Sektoren und Regionen übergreifenden Herstellung und Siche-
rung eines
Unverfalschten Wettbewerbs auf offenen Markten für Waren, Dienstleistun-
gen und Produktionsfaktoren im Rahmen der Zollunion. Dies erfordert wettbewerbssi-
chernde Vorkehrungen gegenüber Kartellen, Marktaufteilungen anderer Art, gegen die
Entstehung wirtschaftlicher Macht durch Monopolisierung und gegen Verfalschung des
Wettbewerbs durch nationale Subventionen (Beihilfen). Gegenüber den nationalen
Wettbewerbsregeln haben die Wettbewerbsregeln der EU Vorrang.

Artikel 81 Abs. (1) verbietet - weitergehender als z.B. das deutsche „Gesetz gegen
Wettbewerbsbeschrankungen“ - per se alle Vereinbarungen und jede Art der Ver-
haltensabstimmung, durch die der Handel zwischen den Mitgliedstaaten behindert,
eingeschrankt oder verfalscht wird. Diese sog.
Zwischenstaatlichkeitsklausel hat
den Zweck, auf dem Gebiet des Kartellrechts den Geltungsbereich des EU-Rechts
gegenüber dem nationalen Wettbewerbsrecht abzugrenzen. Art. 81 Abs. (2) erklart
alle Abmachungen gemaβ (1) für nichtig, soweit diese nicht auf Ausnahmen für
Wettbewerbsbeschrankende Vereinbarungen („Freistellungen“) gemaβ Artikel 81
Abs. (3) beruhen. Diese sind aus Wohlfahrtsokonomischen Gründen zugelassen: zur
Forderung des Mittelstands, zur Erhohung der Versorgungssicherheit, zur Sicherung
von Spezialisierungsvorteilen und zur Unterstützung des technischen und Wirt-
schaftlichen Fortschritts.

Art. 82 verbietet (ohne Ausnahmen) nicht die Entstehung, sondern die miβbrauchli-
che
Ausnutzung einer beherrschenden Stellung in der EU oder eines Wesentlichen
Teils derselben durch ein oder mehrere Unternehmen, soWeit dadurch der Handel
zWischen Mitgliedstaaten beeintrachtigt Wird.

Art. 86 laβt offentliche Unternehmen zu, nicht aber deren Privilegierung gegenüber
aktuellen oder potentiellen privaten Konkurrenten.

Die Praxis der Verbotsausnahmen gemaβ Art. 81 (3) geht von Annahmen der Wohl-
fahrtssteigerung aus, die ziemlich beliebig behauptet Werden konnen. Und die
Miβbrauchskontrolle gemaβ Art. 82, vor allem auch hinsichtlich der Moglichkeit einer
Fusionskontrolle, erfordert den praktisch schWer zu führenden NachWeis einer „markt-
beherrschenden Stellung“, deren ErWeiterung durch den Aufkauf von WettbeWerbern
und miβbrauchliche Ausnutzung. In Art. 86 kann eine wichtige Konkretisierung des
Postulats eines WettbeWerbspolitischen
Diskriminierungsverbots gesehen Werden.

Art. 136 EG-Vertrag fordert, die Angleichung der Lebens- und Arbeitsbedingungen
in der Gemeinschaft zu fordern, besonders im Hinblick auf Beschaftigung, sozialen
Schutz und insgesamt mittels „Abstimmung der Sozialordnungen“. Dies ist Wichtig,
Weil damit der Geltungsbereich der WettbeWerbspolitik beschnitten und der „Bedarf“ an
Industriepolitik künstlich erhoht Werden kann.

Art. 157 EG-Vertrag enthalt den Auftrag an Gemeinschaft und Mitgliedstaaten, die
notwendigen Voraussetzungen für die Wettbewerbsfahigkeit der Industrie zu geWahr-
leisten. „Subventionen“ und „WettbeWerbsverzerrungen“ sollen verboten sein. Wenn
damit der WettbeWerbspolitik als Rahmenpolitik eine Industriepolitik zur Seite gestellt



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