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und optimierte Armutskarrieren. Personen mit optimierter Armutskarriere gelingt es, nach
kürzerer oder auch Iangerer Dauer wieder unabhangig von Sozialhilfe zu werden. Die
Problemlagen sind entweder von vornherein zeitlich begrenzt, etwa bei einer
vorübergehenden psychischen Krise oder Krankheit, oder die Chancen zur Beendigung der
Sozialhilfe sind aufgrund von Alter oder Qualifikation von vornherein gut. Die Betroffenen
überwinden ihre vorübergehende Notlage oder Lebenskrise jedoch selbstandig, finanziell
flankiert durch die Sozialhilfe: Sie organisieren ihr Leben neu, lernen mit dem Sozialamt
zurechtzukommen und suchen sich selbst Arbeit oder andere Wege, um von Sozialhilfe
unabhangig zu werden. Bei der konsolidierten Karriere handelt es sich um Personen, die
seit langerem im Sozialhilfebezug stehen und keine oder wenig Chancen haben, ins
Erwerbsleben zurückzukehren. Diesen Beziehern gelingt es jedoch mit den Folgen ihrer
objektiven Chancenlosigkeit umzugehen und ihr Leben relativ zufriedenstellend zu
gestalten. Die Betroffenen gehen aktiv mit ihrer Lage um: Sie lernen, ihre Ansprüche
gegenüber der Sozialbehorde durchzusetzen, entwickeln Techniken, mit dem knappen Geld
umzugehen, stellen soziale Kontakte her, suchen sich ein Hobby, um die Zeit sinnvoller zu
nutzen. Auch die Personen mit verfestigter Karriere stehen seit Jahren mit oder ohne
Unterbrechungen im Bezug. Haufig handelt es sich um Multiproblemfalle, d.h. finanzielle,
gesundheitliche, bildungsmaβige und andere Benachteiligungen treten zusammen auf. Die
Betroffenen haben kaum Chancen, von Sozialhilfe unabhangig zu werden, und werden mit
der Zeit immer passiver und hoffnungsloser.
"Die drei vorgestellten Armutsgruppen unterscheiden sich sozialpolitisch gesehen
grundlegend. Eine verfestigte Armutskarriere liegt vor, wenn Personen ihre benachteiligte
Lebenslage nicht aus eigener Kraft verandern konnen. Sie bedürfen vielfacher
Unterstützung, werden aber vom Sozialstaat vernachlassigt" (289). Eine dauerhafte
Integration in den ersten Arbeitsmarkt ist bei dieser Gruppe eher unwahrscheinlich, da sie
haufig nicht qualifiziert sind und besondere soziale Probleme haben. "Aber auch die
Alternative zweiter Arbeitsmarkt tragt nicht. Hier gibt es für Benachteiligte wie auf dem
ersten Arbeitsmarkt nur befristete Beschaftigungsmoglichkeiten. Befristete
Arbeitsbeschaffungsmaβnahmen eignen sich gut zur Überbrückung vorübergehender
Arbeitslosigkeit. Die Erwerbschancen von Personen mit verfestigter Armutskarriere sind
jedoch dauerhaft und endgültig eingeschrankt. Durch befristete Maβnahmen wird
Diskontinuitat mit geschaffen, nicht bekampft. Echte Hilfe für Benachteiligte mit stark
eingeschrankten Selbsthilfemoglichkeiten konnte nur eine Art beschützter Arbeitsmarkt
bieten, der sie mit Arbeit und Einkommen versorgt" (284).
Bockmann-Schewe (1998) findet verschiedene Typen von Sozialhilfeempfangerinnen47 und
pladiert dafür, dass sich die Programme starker an den biographischen Voraussetzungen der
47 Sie unterscheidet "berufliche Neuorientierte", "auf den allgemeinen Arbeitsmarkt Orientierte",
"Familienorientierte", "Orientierungslose" und "gesundheitlich Beeintrachtigte".