Konjunkturprognostiker unter Panik: Kommentar



Sieben Fragen an Klaus F. Zimmermann

Hoch qualifizierte Zuwanderer brauchen

Integrationsangebote


Herr Prof Zimmermann, wovon hangt ab, ob
ein Migrant am deutschen Arbeitsmarkt Er-
folg hat?

Es wird haufig vermutet, dass die okonomische
Integration, also Beschaftigung, Verdienst und
Kontakt am Arbeitsplatz, zu einer besseren
gesellschaftlichen und kulturellen Integration
führt. Aber genau das findet nicht statt. Die
ethnischen Identifikationen werden haufig von
kulturellen Erfahrungen im Heimatland gepragt
und führen zu einer Nichtintegration in das oko-
nomische System. Die Wahrscheinlichkeit Ar-
beit zu finden, leidet darunter.

Zum einen fehlen in Deutschland gut ausge-
bildete Fachkrafte, zum anderen sind zu viele
Menschen ohne Arbeit. Würde eine vermehr-
te Zuwanderung dieses Pro-
blem ver- oder entscharfen?
Wenn wir Zuwanderung zu-
lassen, ohne Angebote auf
Integration zu bieten, konnen
wir keine Fortschritte erzie-
len, hoch Qualifizierte in den
Arbeitsmarkt zu bekommen.
Wir brauchen sie, weil sie uns
einerseits fehlen und zum anderen dazu beitra-
gen, dass auch Einheimische mit niedriger Qua-
lification in Arbeit kommen. Weltweit haben wir
einen massiven Fachkraftemangel und insofern
ist es sehr wichtig, durch Integration Menschen
dauerhaft an uns zu binden.

An welchen Kriterien sollte sich die Migrations-
politik orientieren?

Es muss ein Kanal für arbeitsmarktbegründe-
te Zuwanderung geschaffen werden, denn die
meiste Zuwanderung findet bisher aus poli-
tischen oder aus Gründen der Familienzusam-
menführung statt. Zum anderen sollte man die
Werbung in Landern verstarken, zu denen wir
traditionell gute Beziehungen haben. Zuwande-
rer aus der Türkei sind für uns interessant, weil
es dort sehr viele gut qualifizierte Migranten
gibt, die dann eben doch leider in die USA ge-
hen, wenn es drauf ankommt.



Bedeutet arbeitsmarkt-
begründete Zuwande-
rung, dass schlecht qua-
lifizierte Zuwanderer drauβen bleiben sollten?


Was schlecht qualifiziert ist, ist eine relative Fra-
ge. Andererseits muss man im Zweifel auch se-
lektieren, um in dieser Arbeitsmarktdiskussion
erfolgreich bestehen zu konnen.

Brauchen wir ein neues Zuwanderungsgesetz
in Deutschland?

Wir brauchen kein neues Zuwanderungsgesetzt,
das vorhandene Gesetz muss ausgebaut wer-
den. Ursprünglich enthielt es Vorschlage, für
ein Punktesystem nach kanadischem Vorbild,
mit dem man Menschen, die langfristig bleiben
wollen, auswahlen konnte. Das ist im Gesetzge-
bungsverfahren herausge-
nommen worden. Insoweit
haben wir nur ein rohes Ge-
rüst, wir müssen noch eini-
ge Bausteine erganzen.

Es wird viel über den deut-
schen Einbürgerungstest
diskutiert. Halten Sie die-
sen Test für geeignet?

Ein Einbürgerungstest ist ein sinnvolles Instru-
ment. Die USA haben solche Tests immer ge-
habt und gerade wieder einen neuen vorgelegt.
Er gibt das Signal, dass man sich um die Staats-
bürgerschaft bemühen muss, dass man eine An-
strengung bringen muss. Insoweit ist das, bei
aller Detailkritik, der richtige Weg.

Viele sagen, der multikulturelle Ansatz in
Deutschland sei gescheitert. Ist das so?

Ich glaube, man muss ,,multikulturell'' neu defi-
nieren. Es ist so verstanden worden, dass jeder
bunt und nebeneinander existieren und nicht
aufeinander eingehen soll. Das funktioniert
nicht. Das ware die organisierte Separierung
und mit dem Konzept der Integration nicht zu
vereinbaren. Es geht darum, in beide Kulturen
einzutauchen, und das gilt nicht nur für die Zu-
wanderer, das gilt auch für die Einheimischen.
Auch die müssen sich offnen und dazulernen.


„Es muss einen
Kanal für arbeitsmarkt-
» begründete «
Zuwanderung geben.“


Wochenbericht des DIW Berlin Nr. 42/2008


Prof. Dr.

Klaus F. Zimmermann

Prasident des

DIW Berlin


Das Gesprach führte
Erich Wittenberg.


Das vollstandige In-
terview zum Anhoren
finden Sie auf
www.diw.de


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