Wettbewerbs- und Industriepolitik - EU-Integration als Dritter Weg?



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Alfred Schüller

nes Krankenversicherungsschutzes und von sog. Existenzmitteln, was immer damit
gemeint sein mag, leicht zu erbringen ist. Wer nach Einreise und Aufenthaltsge-
nehmigung nachweist, sein Geld sei abhanden gekommen (der Beweis des Gegen-
teils liegt beim Staat), hat Anspruch auf die Leistungen des deutschen Sozialstaats.
Sinn (2004) ist zuzustimmen, wenn er feststellt: „Es ist grotesk - deutsche Firmen
verlagern die Produktion nach Osteuropa, wir laden die Menschen aus diesen Lan-
dern zur Zuwanderung in den Sozialstaat ein“.16

3.5. Integrierende politische Entscheidungen: Steuerwettbewerb, Standort-
wettbewerb und Ursprungslandprinzip

Eine wichtige Bedingung für die Effektivitat von komparativen Standortkostenvor-
teilen ist eine Verstarkung des Steuerwettbewerbs der Regionen (in Deutschland der
Bundeslander, Kreise, Stadte und Gemeinden). Dies erfordert eine entschiedene Regio-
nalisierung der Steuerkompetenzen17 mit dem Verzicht auf einen wettbewerbsfeindli-
chen Finanzausgleich zwischen den Gebietskorperschaften.

Auch sonst geht von der Anwendung des Ursprungslandprinzips eine Stimulierung
des Standortwettbewerbs aus: Die Kombination der vier Grundfreiheiten (im Hinblick
auf Waren, Dienstleistungen, Arbeit und Kapital im Bereich der privaten Produktion)
mit dem Leistungsangebot des Staates bietet der Vertiefung und Erweiterung der EU
günstige Chancen. Staatliche und private Anbieter von Leistungen der Daseinsvorsorge
- etwa im Bereich der Systeme der sozialen Sicherung, der Bildungs- und Verkehrsein-
richtungen - sind in diesem Fall einer Qualitats- und Kostenkontrolle durch den interre-
gional Wettbewerb unterworfen. Das setzt voraus, daβ die Politiker den Standort-
wettbewerb als produktiven Prozeβ verstehen und lernen, damit erfolgreich bei den
Wahlern zu werben.

Rechtsregeln erfordern nur insoweit eine Vereinheitlichung, als bestimmte Mindest-
standards (zur Vermeidung von ansteckenden Krankheiten, zur Sicherung des Lebens
im Verkehr und zum Schutz der Umwelt) zu beachten sind. Im übrigen konnen die Er-
zeugnisse auf dem Binnenmarkt überall nach den Regeln der Anbieterlander frei ver-
kauft werden:

Hat das wettbewerbsstimulierende Ursprungslandprinzip Vorrang vor dem konkur-
renzfeindlichen
Prinzip der Ex ante-Harmonisierung, konnen die Kaufer nicht nur frei
zwischen in- und auslandischen Produkten und Leistungen wahlen, sondern zugleich
auch zwischen unterschiedlichen Regulierungsregimen. Das Ergebnis einer konsequen-
ten Anwendung des Ursprungslandprinzips und des Standortwettbewerbs kann eine
Angleichung von Rechtsregeln sein, soweit sich dies für die Akteure im Marktgesche-
hen vorteilhaft erweist. Dies kann z.B. auch unter Rückgriff auf ein Rechtsangebot der
EU sein, das im Wettbewerb zu den nationalen Rechtsnormen geschaffen und wie eine

16 Anmerkung: Der slowakische Lohn liegt bei einem Siebtel des westdeutschen Lohns und
einem Fünftel der westdeutschen Sozialhilfe für eine vierkopfige Familie (siehe
Sinn 2004).

17 Der Steuerwettbewerb in der EU ist die effektivste Form des Wettbewerbs auf den politischen
Markten, um die Steuermittel sparsam einzusetzen und um zu verhindern, daβ die Zentrali-
sierungs- und Harmonisierungsbestrebungen der Kommission ins Uferlose geraten.



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