Der Einfluß der Direktdemokratie auf die Sozialpolitik



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und stimmt das Parlament diesem Begehren zu, so ist vom Parlament eine entsprechende Vorlage
auszuarbeiten und diese dem Volk und den Standen zur Abstimmung zu unterbreiten. Lehnt das
Parlament die Anregung ab, wird die Frage der Partialrevision dem Volk unterbreitet. Stimmt es
einer Partialrevision zu, so ist diese im Sinne des Volksbeschlusses auszuarbeiten.

Wird eine Initiative in Form eines konkret ausgearbeiteten Entwurfs eingebracht, was meistens der
Fall ist, und stimmt das Parlament dem Inhalt zu, ist die Vorlage dem Volk und den Standen zur
Abstimmung zu unterbreiten. Im gegenteiligen Fall kann das Parlament die Verwerfung der Vorla-
ge verlangen oder einen eigenen Gegenentwurf ausarbeiten. Der Ablehnungsantrag oder der Ge-
genentwurf gelangt dann gemeinsam mit der Initiative zur Abstimmung. Unterbreiten Bundesrat
und Parlament einen Gegenentwurf, so müssen die Stimmberechtigten entscheiden, welchen Ent-
wurf sie dem geltenden Recht vorziehen sowie welche der beiden Vorlagen in Kraft treten soll, falls
Initiative und Gegenentwurf angenommen werden. Ein solches Doppel-Ja war bis 1987 unzulassig.

4.2. Wirkungen der direkten Demokratie

Bezüglich der Wirkungen direktdemokratischer Entscheide auf Staatstatigkeit im allgemeinen und
der Sozialpolitik im besonderen muβ zwischen den einzelnen Institutionen der direkten Demokratie
in der Schweiz differenziert werden. Ferner ist zwischen unmittelbaren und indirekten Effekten
direktdemokratischer Institutionen zu unterscheiden. Das obligatorische wie auch das fakultative
Referendum setzen am Output des politischen Systems an. Seit 1848 sind ungefahr ein Viertel aller
auf dem Weg der Bundesgesetzgebung angepeilten Verfassungsanderungen in einem obligatori-
schen Referendum von Volk und Standen verworfen worden. Diese relativ hohe Ablehnungsquote
wird auf die skeptische Haltung des Souverans gegenüber Zentralisierungsbestrebungen zurückge-
führt (Saxer 1951; Linder 1994). Noch hoher ist die Ablehnungsquote bei fakultativen Referenden.
Allerdings gilt es hier zu berücksichtigen, daβ seit 1874 gegen nur 8,2% des parlamentarischen
Outputs das fakultative Referendum ergriffen wurde. Kommt allerdings ein Referendum zustande
(seit 1874 betraf dies 7% des parlamentarischen Outputs, da nicht alle Referendumkomitees die
notigen Unterschriften aufbringen konnten), besteht fur Befürworter und Gegner der Vorlage eine
Erfolgswahrscheinlichkeit von ca. 50 Prozent. ʌulk`rst gering sind hingegen die unmittelbaren Er-
folgschancen einer Volksinitiative: Nur jede zehnte Initiative ist erfolgreich. Nutzt der Bundesrat die
Gelegenheit zur Ausarbeitung eines Gegenentwurfs, ist die Erfolgsquote zwar hoher, liegt aber
unter 50%.

Von grundlegender Bedeutung sind die indirekten Effekte der direktdemokratischen Instrumente
und hier vor allem in bezug auf das fakultative Referendum und die Volksinitiative. Neidhart (1970)
hat nachgewiesen, daβ die durch das fakultative Referendum ausgeloste permanente Sanktionsdro-
hung im nachparlamentarischen Raum wesentlich zur Ausdifferenzierung konkordanzdemokrati-
scher Reprasentations- und Entscheidungsmuster beigetragen hat. Die Einbindung der zentralen
politischen Krafte in den Bundesrat und die über Anhorungsverfahren abgesicherte „weiche Kon-
zertierung“ (Lehmbruch 1985) mit organisierten Interessengruppen im vorparlamentarischen Raum
fuhrt zu breit akkordierten Losungsmustern, welche die Wahrscheinlichkeit einer Referendumsiniti-



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